Die Frau, die in unserer Wohnung lebt

Ein kalter Nachmittag im Januar. Die Sonne steht tief und zaubert ein warmes Licht auf den Fluss, von dem dampfende Nebelschwaden aufsteigen. Das Wasser fließt seinen trägen, unaufhaltsamen Weg. Ihr ist kalt. Er hält sie fest im Arm. Sie würden sich bald für eine lange Zeit voneinander trennen müssen. „Musst du denn wirklich jetzt schon fort?“ haucht er. Sie wendet sich ab und erwidert: „Ich muss es tun. Es ist die einzige Lösung.“ Er vergräbt sein von der Sonne gegerbtes Gesicht in seinen von Lederhandschuhen umhüllten Händen. Er hebt seinen Blick, schaut über das Wasser in die am Horizont verschwindende Sonne. Er zieht sich den braunen Filzhut vom Kopf und streicht sich die halblangen, graumelierten Haare aus der Stirn. „Das ist nicht fair“, antwortet er nach einiger Zeit, „unsere Liebe ist so frisch und stark. Warum nur muss so etwas…“

„Laaaaaaangweilig!“

Ich liebe diese Frau.
Wenn ein Film unterträglich wird, kann man sich darauf verlassen, dass sie ihn mit den richtigen Worten vernichtet.

„Ja, ist doch so. Bescheuerter Kack. Das kann sich doch keiner ansehen.“

Ich sage gerne, dass sie gut zu Fuß unter der Nase ist und das ist manchmal einfach herzerfrischend. Das war auch ein Grund, weshalb ich mir das im ersten Semester eine Zeit lang angeschaut und sie im zweiten Semester einfach mitgenommen habe. Eigentlich war es genau andersherum, weil ich zu ihr gezogen bin. Gemeinsam leben wir in einer Wohnung, in der eine Katze zuhause ist, die uns unterjocht hat. Der Sieger eines unausgefochtenen Kampfes. Wir werden geduldet. Wir dürfen ihr dienen. Der Mann und die Frau, die in ihrer Wohnung leben (dürfen).

Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, ist übrigens diejenige, die meine Artikel hier 20141012_133429korrigiert und lektoriert. Die mir sagt, wenn eine Formulierung ein wenig verwurstet ist. Denn ich neige aus Gründen dazu, eine gedankliche Schleife zuviel einzubauen. Die Gründe sind akademischer Natur. Ebenso wie der Grund, weshalb die Frau, die in unserer Wohnung lebt, eben die Frau ist, die in unserer Wohnung lebt. Und dafür bin ich der Uni sehr dankbar. Die Frau ist klasse. Macht super Fotos. Jeder sollte so eine haben. Aber nicht meine. Die gehört schon mir.

31 Kommentare

  1. […] die Konsequenz aus dem, was ich gemacht habe. Selbst die unangenehmen Dinge haben eine Auswirkung. Die Frau, die in meiner Wohnung lebt, ist eine Auswirkung. Hätte ich meinen ersten Studiengang durchgezogen, wäre ich vermutlich nie […]

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  2. Da hattest Du aber Glück, dass die Frau in derselben Wohnung lebt, wie Du! Sonst wärst Du mit der Kampfkatze ganz alleine! Und die würde kaum Deine Beiträge lektorieren … ehm … apropos … wenn die Frau sich langweilen sollte … schick sie bei mir vorbei … mein Lektorat versagt kläglich … mangels Zeit. Deshalb schalte ich die Beiträge nun MIT Fehlern auf … tja! P.S.: Gib der Frau nicht zuviel Latte Macchiato!! 🙂

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  3. […] Jahren hätte ich wohl angefangen, Songs zu schreiben, aber seit fünf Jahren würde ich damit wohl einen Menschen in meiner Umgebung zur Verzweiflung treiben. Der darf/kann/muss nämlich von zuhause aus arbeiten. […]

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  4. […] Die Frau, die vorübergehend nicht in unserer Wohnung wohnt, sitzt auf der im Beitragsbild zu bestaunende Luxus-Sitzgruppe und liest den Focus. Loriot möge mir verzeihen, dass ich spontan nicht mehr um die tatsächliche Beschaffenheit einer Bestuhlung weiß, um sie auch als “Sitzgruppe” bezeichnen zu dürfen. Auf einem von zwei um einen Beistelltisch angeordneten Sitzgelegenheiten sitzt auf jeden Fall die Lektorin und starrt mich entgeistert an. […]

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  5. […] Besorgungen zu machen. Das hatte im Vorfeld schon für Gesprächsstoff gesorgt, zumal ich von der Frau, die in unserer Wohnung lebt, in solchen Momenten der Geheimniskrämerei öfter mal der Vielweiberei verdächtigt […]

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  6. Ganz ehrlich, mein erster Gedanke war „Was für eine Sülze haut der denn da raus?!“ aber dann dieses LAAAAANGWEILIG und ich musste echt laut auflachen haha toll geschrieben und großartiger Übergang. Herzliche Grüße an die Katze xD

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