Die Problemlösungsstrategien des anderen Geschlechts I – Aufbewahrung und Transport von Speisegut

Morgen geht die Frau, die in unserer Wohnung lebt, ihren Opa besuchen. Und weil es sich bis weit über die Grenzen Düsseldorfs hinaus herumgesprochen hat, dass ich ein extrem exzellenter Koch sei – wobei der Konjunktiv absolut unnötig ist – wird sie (die Frau) ihm (dem Opa) eine ordentliche Portion unseres Vorabendmahls mitbringen. Damit er überhaupt noch etwas zu verspeisen hat, musste ich mich unfreiwillig zurückhalten und einiges an Nahrung unangetastet in den sie umgebenen Töpfen verweilen lassen. Nun ist es aber so, dass sowohl Kartoffeln als auch Blumenkohl nach einem Tag der Lagerung bei Zimmertemperatur eine unangenehme Eigenschaft annehmen: Sie werden unschön. Hinzu kommt, dass Blumenkohl recht schnell beginnt, nach Verdauungsgasen zu riechen, was die Freuden des Verzehrs ein wenig trübt.

Die wichtige Aufgabe der Überbringerin von vorzüglichen Speisen besteht nun darin, Kartoffeln und Blumenkohl in seperaten Behältnissen dem Kühlschrank zuzuführen, um sie morgen ihrem Schicksal in einer Nachbarstadt zu überlassen. Und weil beide Töpfe in unserem eigentlich überdimensionierten Kühlschrank keinen Platz haben, verlangt eine derartige Aufgabe oder Challenge – bitte jetzt mit den Augen rollen – ein hohes Maß an Tetris-Skills und ein eher geringes Maß an Umtopfqualitäten.

Weil ich mich erstmal nicht verantwortlich fühlte, blieb ich im Wohnzimmer und lauschte den Klängen aus unserer Küche. Da wurde geräumt und gekramt, geschoben und geächzt. Nach wenigen Sekunden der Stille erscholl ein klagender Ruf:

„Muh?!“ (so rufen wir uns; „Schatz“ kann jeder)

„Ma’am?“

„Hilfe!“

Ich erhebe mich mit dem Anmut einer bettlägerigen Schildkröte und schlurfe in die Küche. Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, hockt vor dem Schrank, in dem sich diverse Tupperdosen befinden. Keine möchte den Ansprüchen der getrennten Aufbewahrung von Kartoffeln und Blumenkohl genügen. Meine Fachkompetenz wird verlangt, meine Kreativität gefordert. Die ultimative Lösung schwebt mir schon vor, während ich mit einem halben Ohr zuhöre, was das Problem ist:

„Die Töpfe sind zu groß, um sie beide im Kühlschrank unterzubringen. Und draußen lassen kann ich die nicht. Sonst ist das morgen ömm. Die Plastikdosen sind aber alle zu klein.“

„Dann pack doch beide Töpfe in den Kühlschrank und nimm die morgen so mit.“

„Aber die passen doch nicht zusammen da rein!“

„Ja, dann musst du dir wohl was anderes überlegen.“

Mein Werk ist vollbracht. Ich schicke mich an, zu gehen. Ihr ist das egal. Das Problem ist längst nicht mehr nur ihres. Es ist jetzt auch meins. Und so bekomme ich den Auftrag, den Kühlschrank nach eventuellen Hohlräumen zu durchforsten, in denen noch Platz für Kartoffeln und Blumenkohl wäre. In einem Behältnis. Ohne ginge auch und ich würde es gern drauf ankommen lassen, um die Reaktion zu beobachten. Andererseits müsste ich die Sauerei wieder wegmachen und besagter Opa hätte nichts zu essen. Und das wäre dann allein mein Problem. Mit Enkelinnen, deren Freund das für den Großvater vorgesehene Mittagessen im Kühlschrank verteilt hat, ist selten zu spaßen. Ich würde es als abstrakte Kunst rechtfertigen wollen. Wenn es Künstlern erlaubt ist, einen toten Hasen mit Batterien zu schmücken und das dann nüchtern Hasengrab zu nennen, darf auch ich Blumenkohl in heller Sauce sowie vorwiegend festkochende Kartoffeln zwischen Marmelade und Pudding töpfern.

Nein, ich darf nicht.

Letztendlich müssen einige nicht mehr genießbare und darüber hinaus abgelaufene Güter weichen. Unter anderem diverser Kram, der seit St. Martin unangetastet im Kühlschrank vertrocknet. Immerhin nicht seit den Lebzeiten des historischen St. Martin.

„Die Weckmänner können weg, oder?“

„Deshalb heißen die so.“

„… !“

Der „Dialog“ musste hier noch rein, weil ich ihn sonst nirgends hätte unterbringen können. Ich plane nunmal in nächster Zeit keinen Artikel über Weckmänner…was natürlich eine Herausforderung wäre.

Im Endeffekt löste die Frau, die in unserer Wohnung lebt, die Problematik ganz allein, ohne dass ich einen großen Beitrag geleistet hätte; abgesehen von der unfassbar souveränen Antwort auf die Weckmannangelegenheit. Aber offensichtlich ist für Frauen in problematischen Situationen die Präsenz einer weiteren Person eine unabdingbare Notwendigkeit. Das müsste mit Studien noch untermauert werden, aber faktisch habe ich keine hilfreiche Antwort gegeben, was offensichtlich hilfreich war.

Hier geht’s zum zweiten Teil!

12 Kommentare

  1. Endlich weiß ich (aus der Perspektive meiner nahe Düsseldorf befindlichen Wohnlage bin ich Süddeutsche), warum Weckmänner ihren Namen tragen.

    Meiner Erfahrung nach sind Männer gut darin, Sperrgut in einen LKW, einen Container oder einen Kofferraum zu puzzeln. Das analoge Problem, Geschirr in der Spülmaschine zu verstauen, oder Lebensmittel im Kühlschrank, ist für ein männliches Hirn anscheinend unlösbar. Die Frau, die in Eurer Wohnung lebt, musste das alleine bewerkstelligen. Es wundert mich nur, dass sie das nicht wahrhaben wollte.

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      • Wenn ich das wüsste! Ich glaube, ich habe in einer Stutenmänneken/ Weckmänner-freien Blase gelebt. Vielleicht weil Brandenburg nicht gerade eine religiöse Hochburg in Deutschland ist. Vielleicht sollte ich das mal zum Nikolaustag als familiäre Backtradition einführen.

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