Themensuche II – Vögel im Hinterkopf

Nach einem etwas verstörenden Traum, der eigentlich erst so richtig eigenartig wird, als ich Aliens in einem hellblauen Kleid bekämpfen muss, stehe ich auf und vermisse eine geniale Idee, die mir im Halbschlaf eingefallen, nach einem kurzen Einnicken aber wieder abhanden gekommen ist. Es wäre ein absolut runder Text geworden. Ein Meisterwerk, von dem man sich noch in bestimmt zwei oder drei Wochen erzählt hätte. Man muss realistisch bleiben. Was bei Goethe funktioniert hat, ist in Zeiten des Internets einfach deutlich beschleunigt worden. Bücher sind zeitlos. Das Internet vergisst sehr schnell. So wie ich. Beispielsweise grandiose Ideen für Artikel, weshalb ich mir die Zeit vertreibe und Themenmaterial sichte. Könnte man im ersten Teil nachlesen. Aber da wir gerade bei Goethe sind:

Ich könnte hier viel über mein Masterarbeitsthema faseln, was nur wenige begeistern würde, weil Goethe ein recht dröger Ruf vorauseilt. Kann ich nicht teilen. Und das, obwohl ich kein Bücherwurm bin und mich eigentlich zu den coolen Kindern zähle. Das Arbeitsthema als solches bzw. die gedanklichen Grundlagen habe ich im Blog schon oft verwurstet. Unter der Kategorie Kultur vs. Natur. Manchmal mehr, manchmal weniger ernst. Worüber also schwadronieren? Das Problem mit der Redundanz. Wobei ich davon ausgehe, dass sich jedes Thema irgendwann mal wiederholen wird.

Eine schon zu lang ruhende Baustelle ist der neongelbe Ninja, der mit zwei angefangenen Beiträgen auf seine Fortsetzung wartet. Aktuell gibt es Probleme im Betriebsablauf, weil dem Ninja seine Identität abhanden zu kommen droht: seine Laufjacke ist defekt. Es würde dem Ganzen ein abruptes Ende verschaffen, wenn er sich nun eine andersfarbige Jacke zulegen würden. Im Frühling wird das egal sein, weil er dann ohne Jacke laufen gehen wird und das Laufshirt die gleiche Farbe hat. Bliebe noch das Problem, wo das Smartphone verstaut wird.
Der neongelbe Ninja wird in diesem Jahr seinen ersten Wettkampflauf seit Langem durchführen. Da könnte das Handy sinnvoll unterstützen, wenn es denn irgendwo untergebracht werden könnte. Und um wieder in die richtige Perspektive zurückzukehren, möchte und werde ich im Oktober einen Halbmarathon von Düsseldorf nach Duisburg laufen. Als Bunert vor einer oder zwei Wochen darüber informierte, war ich mir sicher, dass ich teilnehme. Wenn ich ohnehin dreimal die Woche 16 Kilometer laufe und einmal pro Woche beim Fußball praktisch Intervalltraining betreibe, spricht wenig dagegen, sich langsam an die Halbmarathondistanz heranzurobben. Zumal das Ziel des Laufs im Oktober in meinem Heimatstadtteil im Duisburger Süden liegt. Keine Ahnung, wie ich von dort wieder zurückkommen soll. Ich muss wohl bis 2017 warten, weil die Veranstaltung dann wieder stattfindet; von Duisburg nach Düsseldorf.

Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, schleicht ins Wohnzimmer. In der Nacht ist ihre Frisur explodiert. Meine auch. Ich muss mal wieder zum Friseur, damit ich nicht irgendwann mit dem Problem konfrontiert werde, dass Vögel an meinem Hinterkopf nisten. Dort wären sie gut getarnt.

Wir versuchen uns darin, eine Einkaufsliste zu schreiben. Das gestaltet sich meistens so, dass sie in Gedanken unsere Küche scannt und mir Fragen stellt, die ich bejahe oder verneine. Ob ich dem Kauf einer Sache zustimme oder nicht, geschieht nach einem undurchschaubaren Muster. Es steckt kein Sinn dahinter. Da ich aber derjenige bin, der häufiger kocht und das auch gerne macht – ein Grund, mit mir zusammenzubleiben – weiß ich meistens auch, was wir brauchen und was nicht. Ich weiß es manchmal. Also es kommt schonmal vor, dass ich Glück habe und mit meiner Einschätzung richtig liege. Das führt gelegentlich dazu, dass wir nach nach Hause kommen, unsere Errungenschaften auspacken und dabei bemerken, dass wir mit einer Sache noch gut ausgestattet waren. Also sie bemerkt es. Ich ziehe mich elegant aus der Affäre.

„Du, wir hatten ja noch drei Päckchen Butter.“

„Ach, das meintest du mit ‚Butter‘! Ja, die hatten wir noch.“

Dann wirft sie gerne etwas nach mir. Das Werfen von Gegenständen war lange Zeit ein Mittel, um mich für blöde Kommentare, Wortspiele oder Ideen zu bestrafen. Meistens waren es Taschentuchpackungen. Das habe ich für das Anschreiben einer Bewerbung für eine Stelle in einer Werbeagentur genutzt. Man möge mich bitte einstellen, um in unserem Haus für Frieden zu sorgen. Damit wäre jedem geholfen. Auch der Agentur.
Im Fall der Butterorgie hätte sie mit Butter werfen können. Sie hat es nicht gemacht, aber ich bin trotzdem mittlerweile darauf konditioniert, automatisch zusammenzuzucken, sobald ich etwas selbstverständlich total Witziges von mir gebe und dann merke, dass sie etwas in der Hand hält. Und weil sie manchmal die Katze auf dem Arm trägt, kam es auch vor, dass ich im Augenwinkel zu sehen glaubte, wie sie das Tier nach mir werfen wollte. Anschließend musste ich erklären, warum ich krankerweise allen Ernstes damit rechne, dass sie mich mit Haustieren beschmeißen würde.
Seit ich diesen oder dieses Blog betreibe, hat das abgenommen, weil ich meinen geistigen Dünnflitsch hier abladen kann. Ihr gefällt das. Mir auch. Vermutlich auch der Katze. Übrigens gibt es zum Thema „Wurfgeschosse“ – primär zum Thema „Meerschweinchen“, aber die zwei Punkte sind eng miteinander verknüpft – einen recht unterhaltsamen Link.

Lidl befindet sich im Wintersale. Das heißt, dass dort Dinge für den Winter angeboten werden, die nun nicht mehr zwangsläufig benötigt und deshalb reduziert verkloppt werden. Man spricht auch vom Schlussverkauf.

(Ging es bei meinem Geistesblitz im Halbschlaf vielleicht um Anglizismen? Ein dankbares, weil unfreiwillig unterhaltsames Thema. Ich bekomme auf die Schnelle nicht rekonstruiert, was und wie ich darüber schreiben sollte. Das war es also auch nicht.)

Das Witzige am Schlussverkauf bei Lidl ist der Umstand, dass der Winter in Deutschland erfahrungsgemäß nicht schon im Januar zuende ist (wenn er überhaupt schon begonnen hat) und Lidl diese Aktion demnach falsch platziert hat. Noch viel lustiger ist allerdings, dass unter der dicken Überschrift Wintersale eine Bohrmaschine abgebildet ist. Auch sie ist also ein typisches Winterutensil. Das war mir bis jetzt nicht geläufig.

Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, fragt mich weiter unsere Speisekammer ab, die in Wirklichkeit eine Speiseschublade, ein Speiseregal und ein Speisekühlschrank ist.

Sie: „Kaffee?“

Ich: „Haben wir noch. Aber, und das macht mich fuchsig, wir haben irgendwann mal nur einen kleinen Kaffee gemacht [Anm. d. Verf.: Wir trinken normalerweise große Kaffees.] und deshalb war in einer Packung ein Pad weniger drin. Seitdem haben wir nicht nochmal nur einen kleinen Kaffee getrunken und deshalb ist in dem roten ein Pad weniger drin als in dem schwarzen.“

Sie: „Das ist blau.“

Ich: „Ja…ich denke nicht. In dem roten ist ein Pad weniger drin als in dem schwarzen.“

Sie: „Das ist blau. Mein Opa verwechselt auch immer die Farben und sagt zu blau grün. Geht das bei dir jetzt auch schon los? Außerdem gibt’s schwarz ja tatsächlich auch noch.“

Ich: „Grün aber auch.“

Schweigen.

Sie: „Ja. Und jetzt?“

Ich: „Tja, wer hat jetzt gewonnen?“

Das sage ich gerne in solchen Situationen, weil das Diskussionen dieser Art, die ohnehin eher Blödeleien sind, ein wenig relativiert. Mir muss es nicht immer darum gehen, wer Recht behält. Dazu gehört auch, dass man im Falle einer Niederlage, sich die Schwäche eingesteht. Auch gerade eben passiert:

Sie: „Das eine Bauernbrot, von dem du meintest, dass du auch davon isst, war echt lecker.“

Ich: „Da habe ich gar nichts von gegessen, oder?“

Sie: „Nö.“

Ich: „Vielleicht war das ein bisschen zu viel Brot, das wir gekauft hatten.“

Exakt das waren die Worte der Frau, die in unserer Wohnung lebt, als vor anderthalb Wochen auf einmal 2 Kilo Brot auf dem Kassenband lagen. Ich rate davon ab, hungrig einkaufen zu gehen.

Sie: „Ha! Siehst du?“

Ich: „Jaja. Das war gerade schon schwer genug für mich. Zeig nicht noch mit dem Finger drauf.“

Sie hat gewonnen. Übrigens auch hinsichtlich des Kaffees, den es tatsächlich in rot, grün, blau und schwarz gibt. Wir haben rot und blau. Schwarz ist Espresso. Den haben wir nicht.

Bei manchen Dialogen frage ich mich im Nachhinein, ob sie wirklich so stattgefunden haben. Deshalb bin ich dazu übergegangen, sie direkt zu notieren, was bei ihr gelegentlich für Irritationen sorgt, weil sie sich nicht mehr daran erinnert. Vielleicht eine Form von Trance. Etwa bei folgendem Wortwechsel.

Ich: „Ich habe hier übrigens mal das Fenster aufgemacht, damit das mal etwas durchzieht und die Luftfeuchtigkeit rausgeht.“

Sie: „Ja, das habe ich schon erkannt. Ich hab da mal ne Ausbildung drin gemacht.“ 

Ich: „Im Erkennen?“

Sie: „Jaja, mit der Spezialisierung auf das Erkennen von geöffneten Fenstern.“

Sie wird sich definitiv in solchen Momenten in Trance befinden. Und als wäre es beabsichtigt gewesen, schließt sich hier der Kreis. Denn ich sitze nach wie vor im Wohnzimmer, schreibe über allerlei Nichtigkeiten, um vielleicht irgendwie auf diese Idee zurückzukommen, die mir mein Unterbewusstsein gezeigt hat. Ich gehe jetzt laufen. Wenn ich in zwei Stunden nicht wieder da bin, bin ich wohl in einem Nachbarstadtteil, der es traurigerweise in die Medien geschafft hat, verloren gegangen. Den durchlaufe ich zumindest zum Teil, wenn ich eine bestimmte Route nehme. Am besten in Trance. Damit ich weniger Angst habe. Und damit mir dieses verdammte Thema wieder einfällt.


Ganz offensichtlich bin ich wohlbehalten wiedergekehrt, denn dieser Text wurde schon gestern verfasst. Diese Medienwelt ist eine einzige Illusion!


Update!

Mir wurde soeben mitgeteilt, dass sich die Frau, die in unserer Wohnung lebt, zum Zeitpunkt des letzten Dialogs bei vollstem Bewusstsein befand. Außerdem zeigte sie sich leicht irritiert, dass wir nun über zwei zusätzliche Kilo Kartoffeln verfügen. Schließlich hätten wir noch einen vollen Sack gehabt. Vielleicht sei ich derjenige, der öfter mal in Dämmerzustände gleitet. Könnte sie damit richtig liegen?

10 Kommentare

  1. Nicht nur Themen wiederholen sich ständig heutzutage 😉 auch Situationen! Zum Beispiel die mit der Einkaufsliste, nur dass ich das Sagen habe und nicht meine bessere Hälfte, weil ich ja auch koche und weiß, was fehlt. Übrigens, wenn du mal wieder zu viel Butter einkaufst, dann habe ich einen Tipp für die Verwertung: Ghee selber herstellen. Ich mache das immer aus 6 Päckchen Butter = 3 große Gläser Ghee. Die Informationsflut hat deshalb manchmal auch was Gutes (Anleitung auf youtube angeschaut), obwohl ich oft denke, wenn ich die Nachrichten höre oder lese, dass es früher keinen Menschen interessiert hat, ob in China ein Sack Reis umgefallen ist oder ein Schwarm Wildbienen einen Bauer in Chile attackiert hat. Wünsche dir einen schönen Tag.

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  2. 😉 Vorgebliche Nebensächlichkeiten mit der „Frau, die in unserer Wohnung lebt“ sind weltpolitisch weitaus bedeutsamer, als 100 Jahre Schaulaufen von professionellen Selbstdarstellern in Davos…

    Danke für diesen Überschwang an Normalität!
    FS3

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  3. Mach dir keinen Kopf – auch bei dem lieben Geheimrat Goethe war nicht jeder Schuss ein Treffer. Ich bin mir sicher das manches seiner Werke einfach im Müll gelandet ist.
    Einkaufszettel und Einkaufen gehen? Meistens liegen zwischen emsig geschriebenen Zettel und dem was aus dem Kofferraum in die Wohnung geschafft werden muss Welten.
    Schönes Wochenende
    Wibi

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  4. Das was die anderen sagen und: apruptapruptapruptapruptapruptapruptapruptapruptaprupt
    (Sorry, mir ist noch keine elegante Art, auf einen Rechtschreibfehler hinzuweisen, ohne großkotzig oder klugscheißerisch zu wirken, eingefallen. Daher also auf die gute alte Axt-im-Wald-Art. Abrupt wird mit b und nach ein paar weiteren Buchstaben erst mit p geschrieben.)

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