Wieder Junggeselle auf Zeit I – Kleptomanisch veranlagte Pinguine

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Was sieht man auf dem Beitragsbild? Es wird wohl schlecht zu erkennen sein, was der Rätselfreude allerdings keinen Abbruch tut.

Es ist ein gut gehütetes offenes Geheimnis, dass die Frau, die in unserer Wohnung lebt, im vergangenen November einen Aufenthalt im Krankenhaus genießen durfte. Das hatte mit den Vorlieben bestimmter Menschen zu tun, die gerne einmal in anderen Menschen herumwühlen, um einen Missstand ausfindig zu machen, anstatt anständig die Mittel der Diagnostik auszuschöpfen. Diese herumwühlenden Menschen nennt man Ärzte. Genauer: Chirurgen. Anders als der Anatom – ein Wort, das beinahe dem Sprachpurismus zum Opfer gefallen wäre und nach der Eindeutschung Entgliederer geheißen hätte – handelt es sich bei Chirurgen um Berufstätige, deren Kunden sich sowohl vor als auch nach dem Eingriff bewegen und auch ansonsten sämtliche Lebenszeichen aufweisen. So auch geschehen bei der Frau, die in unserer Wohnung lebt. Vorher erfreute sie sich bester Gesundheit mit einer Einschränkung, was andernfalls die Organfledderei nicht nötig gemacht hätte, und auch anschließend ging es ihr gut. Das ist schonmal viel wert.

Nun begab es sich jedoch zu der Zeit, dass Kaiser Augustus schon längst nicht mehr unter den Lebenden weilte. Es war auch nicht mehr kurz vor Weihnachten. Es war lang nach Weihnachten, da taten jene Frau und ich einen Lauf. Wir liefen, wie es sich für Zweibeiner gehört. Allerdings in fortgeschrittenem Tempo, was ein enormer Fortschritt für uns beide ist. Denn ich kann nur sehr schwer mit jemand anderem zusammen laufen, weil mich der Rhythmus des anderen aus meinem eigenen bringen würde. Andererseits war das eine gute Gelegenheit, um den von einigen Läufern bevorzugten Vorfußlauf zu testen. Das traue ich mir bei einer kleinen Runde durchaus eher zu als bei einer meiner etwas umfangreicheren alleinigen.
Ihr Fortschritt lag in der Tatsache begründet, dass sie normalerweise nicht läuft. Sie tat es dennoch ihrer Gesundheit zuliebe. Prompt fanden wir uns im Haus der Kranken wieder. Und dort befinden wir uns nun einen Großteil des Tages. Sie dauerhaft, ich nur in dem Umfang einer vollen Stelle, weil irgendjemand die Frau vor eventuell ins Zimmer eindringenden Pinguinen beschützen muss. Davon gibt es dort zu meinem Entsetzen doch einige und mittlerweile haben sie die Rezeption am Haupteingang schon eingenommen. Zumindest saß dort letztens einer und gab sich hinterhältigerweise betont friedlich.

(Wer sich nun ein wenig wundert und an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifelt, darf dies gern tun, sofern er diesen Artikel noch nicht gelesen hat. Alle anderen sollten sich schämen, weil sie vergesslich geworden sind. Zu wem möchtest DU gehören?)

Gemeint sind die in vielen Krankenhäusern tätigen Schwestern. Im Sinne von Ordensschwestern. Über normale Schwestern sollte ein jedes gut sortierte Krankenhaus verfügen. Das gilt übrigens auch für Kranke, weil die Schwestern sonst keine Arbeit hätten. Ebenso wie die Chirurgen, die ihrer Organwühlerei nicht nachgehen könnten. Glücklicherweise wird überall und wohl auch in alle Ewigkeit gekrankt und gestorben, weshalb es sich bei Krankenhäusern und ebenso bei Bestattungsunternehmen um ziemlich krisensichere Institutionen handelt. Dass dort dennoch wegrationalisiert wird, was das Zeug hält, ist schlicht eine Fehlverteilung der Mittel. Soviel zum Anprangern von Missständen.

Nachdem seit heute ein Grund für das Stechen an der altbekannten Stelle der Frau, die in unserer Wohnung lebt, halbwegs ausgeschlossen werden konnte, haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, was es noch sein könnte. Denn irgendetwas muss ja dort sein, was Schmerzen verursacht. Ein kausaler Zusammenhang, der sich Ärzten oftmals nicht erschließt. Denn schließlich könne das ja nicht sein, weil man ja bei der einen Untersuchung heute nichts gefunden habe. Ob man es mal mit Sport oder anderer Ernährung probiert hätte. Ich bin ja kein Mediziner, aber halte einen plötzlich auftretenden Schmerz für ein deutliches Signal des Körpers. Fällt mir beim zweiten Lesen erst auf: „Ich bin ja kein…“ ist ja im Grunde die Signalfloskel für „Ich bin genau das!“. Ich bin also ein Mediziner. Gut zu wissen.
Wir versuchen uns also am Raten, was die ominösen Schmerzen verursachen könnte. Es mündete – wie so oft bei uns – in der Vermutung, dass die Frau, die in unserer Wohnung lebt, in Kürze wohl einen Golgathaner zur Welt bringen würde (Jedem sei an dieser Stelle der Film „Dogma“ ans Herz gelegt). Heikles Thema, weil es sich bei Stuhl nach wie vor um ein Tabuthema handelt, aber ich als Mediziner bin da eher liberal.

Allerdings gäbe es da noch andere Möglichkeiten, die allesamt recht wahrscheinlich anmuten: allen voran natürlich Aidskrebs. Das ist bei allem eigentlich unser erster Verdacht. Weil Google einem das auch so glaubhaft verkauft. Ich erinnere an diverse Deutungsmöglichkeiten für juckende Daumen. Wer sich morgen wundert, dass sein Ohr plötzlich Zähne hat, hätte gestern dem juckenden Daumen vielleicht etwas mehr Beachtung schenken müssen. Selbst schuld.
Wir kamen bei unserem Ratespiel von einer harmlosen Vernarbung über Dünndarm-Schwangerschaft auf die Vermutung, dass sich die Frau, die in unserer Wohnung lebt, wohl irgendwo einen Alienparasiten eingefangen haben muss. Ich sollte in Zukunft vielleicht etwas besser kontrollieren, was ich uns koche. Oder ich lasse sie kochen, was aber wohl bei uns beiden zu Problemen im Bauch führen würde. Und das sind ihre Worte und Gedanken! Heute noch drüber gesprochen. Nicht, dass mir hier jemand Frauenfeindlichkeit unterstellt. Sie kocht ungern, weil sie darüber hinaus der Meinung ist, dass es für uns beide die bessere Lösung ist.

Irgendwann muss ich fahren. Ich reize die Besuchszeit gnadenlos aus und überziehe sie, wenn Bleibebedarf besteht. Angst macht mir dabei nur, dass zuhause Tiere auf ihren Versorger warten und ihn das bei seiner Ankunft in der Regel auch spüren lassen. Doch noch bevor ich zuhause ankomme, geschehen schreckliche Dinge, die mir über einen eigenartigerweise noch gar nicht so weit verbreiteten Nachrichtendienst mitgeteilt werden:

Pinguinpack

Morgen würden die Pinguine den Kugelschreiber schon auf dem Schwarzmarkt vertickt haben. Er wäre verloren. Man kann ihnen nicht trauen. In der Hinsicht sind sie wie Räuchermännchen, die ebenfalls listreich sind. Mir bleibt aber keine Zeit, über das weitere Vorgehen in diesem Fall zu grübeln. Denn ich sehe mich mit der Situation konfrontiert, dass ich bei Betreten der Wohnung über ein vorwurfsvoll plärrendes, etwa kniehohes Pferd stolpere.

„Wo bist du so lange gewesen, Frollein?!“, keift es mich an.

Und aus dem Wohnzimmer höre ich erstmals seit Langem wieder nashornartige Geräusche dringen…


Hier geht’s zum zweiten Teil!

23 Kommentare

  1. Couch mit Fleck? Ah, wie kannst Du nur, jetzt kann ich keine Ruhe geben bis ich weiß was es ist ….
    Kann den zweiten Teil kaum erwarten und natürlich alles Gute für die Frau, welche in Eurer Wohnung lebt, hoffe sie bekommen es raus … Wenn ich nerven darf, könnte der Schmerz von einem Muskel sein? Ich hatte mal schreckliche, stechende und ziehende Schmerzen in der Leiste von einem übertrainierten Muskel …

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  2. Beim sog. Fleck handelt es sich um eine Zecke im Winterschlaf..
    Die Pinguine sind auf gar keinen Fall zu unterschätzen.. aber.. ob sie wirklich klauen ? Es könnten auch die “ Grünen“ sein.. falls da solche Dienst tun..
    Spannende Geschichte….
    Man müsste rausfinden was Alienparasiten so mögen… dann könnte man sie evtl. rauslocken..wie in alten Lehrbüchern über Würmer geschrieben steht.. aber was machen die dann in Freiheit ?

    S.

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