Basteln mit Speisen – 7 Gründe, schnellstmöglich mit mir zusammen zu bleiben

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Die vergangenen Wochen haben mir eines gezeigt: Ich bewege mich auf denkbar dünnem Eis. Möglicherweise war es ein Fehler, die Frau, die in unserer Wohnung lebt, auf meine Fehler hinzuweisen. Vielleicht bilde ich es mir ein, aber es ist Geschirr verschwunden. Wenn Geschirr verschwindet, ist das ein untrügliches Zeichen für verschiedene Dinge. Damit sind die Zeichen zwar alles andere als untrüglich und in logischer Konsequenz trüglich, aber irgendwie muss ich ja Spannung aufbauen und den Leser binden. Das schafft man unter anderem durch endlose Vorgeschichten oder – wie gerade in diesem Moment – dem eigentlichen Punkt vorgelagerte Sätze. Andererseits zeichnet das auch einen guten Autor aus. Goethe hätte seinen Werther theoretisch in zwei Sätzen abhandeln können:

„Ich bin unglücklich. Selbstmord verschafft Linderung.“

Ganz abgesehen davon, dass Selbstmord nie Linderung verschafft, hätten es diese paar Worte nicht in die Unterrichtsräume der jetzigen Zeit geschafft. Also holte Goethe etwas aus.

Was Goethe tat, kann nicht unbedingt so schlecht sein. Worauf ich hinaus wollte: Wenn Geschirr verschwindet, könnte es sich um auf Porzellan und Töpferwaren spezialisierte Räuberbanden handeln, die unbemerkt in unserer Wohnung ein- und ausgehen. Eine weitere Theorie wäre, dass die Frau, die in unserer Wohnung lebt, häppchenweise Geschirr aus der Wohnung schafft, weil sie sich auf einem sinkenden Schiff wähnt.

Weil ich sie darauf hinwies, dass es überhaupt Gründe für eine Trennung gäbe.

Möglicherweise verlagert die Frau, die in unserer Wohnung lebt, unser Geschirr zu ihrem Oppa (nur richtig mit Doppel-P), mit dem ich mich erst vorgestern kurz über unsere Bärte unterhielt. Der Bart ist übrigens auch beziehungstechnisch ein zweischneidiges Schwert. Lasse ich ihn stehen, trage ich Bart, was kurioserweise ein weit verbreiteter Malus aus Sicht der Frauen ist (in meinem Freundeskreis trägt niemand Bart). Entferne ich ihn, hinterlasse ich – aus purer und boshafter Absicht! – diverse Stoppeln im Waschbecken und auf der Ablage vor dem Badezimmerspiegel. Das ist meiner Kurzsichtigkeit geschuldet. Der Spiegel ist zu weit entfernt, weil in die Wand eingearbeitet, weshalb ich mich weit über das Waschbecken beugen muss und das Bad in einem Umkreis von einem Quadratmeter mit bärtigem Niederschlag versehe.

Weil Beziehungsfragen und der Austausch darüber schwerpunktmäßig in Frauenkreisen stattfinden, muss jemand die männliche Perspektive einnehmen. Und da bin ich. Außerdem möchte ich gerne gutaussehende Kinder haben, weshalb es unbedingt notwendig ist, mit der Frau, die in unserer Wohnung lebt, zusammenzubleiben. Loriot stellte schon in „Pappa ante portas“ (vor zwei Wochen noch gesehen) fest, dass Frauen auch ihr Gutes hätten. Weil das heutzutage nur noch viel zu selten ausgesprochen werden darf, wenn man nicht strafende Blicke kassieren möchte, es hier aber letztlich um nicht weniger als mein Recht, Mann zu sein, geht, behaupte ich, dass auch Männer ihre Vorteile haben. Nicht alle, aber ich. Und um mich geht es hier schließlich. Da machen wir uns nichts vor.

1. Ich kann kochen

Man kann den sarkastischen Beifall von bestimmten Gruppen hierzulande geradezu riechen. Wenn man ihn denn riechen könnte. Kann man nicht, denn es ist Beifall. Durchfall hingegen… Es geht mir nicht darum, zu betonen, dass ich ein Mann bin und in der Lage, die komplexe Kunst der Speisenzubereitung formvollendet vorzuführen und bei Bedarf zu wiederholen. Es ist selbstverständlich, dass auch Männer mittlerweile kochen können. Männer können heute schon sehr viel. Eben auch kochen. Unnötig, das zu erwähnen. Vielmehr erwähnenswert ist der Umstand, dass ich – bei aller Bescheidenheit, die ich tatsächlich regelmäßig an den Tag lege – wirklich gut kochen kann.

Kochen hat für mich etwas vom Erschaffen eines Kunstwerks. Dementsprechend selbstkritisch bin ich anschließend. Weil dem Ausdruck „Kunstwerk“ einfach zu viel Pathos anhaftet, vergleiche ich das Kochen lieber mit dem Basteln. In der Grundschule legte man uns arglosen Kindern allerlei Werkzeug vor die Nase und ließ die munteren Spiele beginnen. Am Ende eines sehr, sehr zähen Entwicklungsprozesses war ich entweder noch immer nicht fertig oder mein Produkt war unfassbar hässlich. Ich kann mich an nichts erinnern, was ich erschuf und einen Lehrer oder mein späteres Ich in der Retrospektive stolz gemacht hätte.
Lediglich ein selbstgeschaffenes Kunstwerk ist mir im Gedächtnis geblieben. Wahrscheinlich, weil es nicht im Kunstunterricht bzw. in Kunst und Textilgestaltung angefertigt wurde. Um es kurz zu machen: Bei dem Versuch, das Verpackungspapier einer oder eines Hanuta zu tackern, hat sich Kleinmanuel eine Tackernadel durch den Daumennagel gejagt. Seitdem schaue ich sehr genau hin, bevor ich lustvoll auf den Tacker schlage.

Eine gewisse Vorliebe zu Nahrungsmitteln in verschiedenen Formen habe ich aber schon früh gezeigt. Das offenbarte sich meist meiner Mutter, die am Ende der Sommerferien regelmäßig von kompostierten Bananen und Äpfel im Schulranzen begrüßt wurde. Auch eine Form von Kunst. Joseph Beuys wäre stolz gewesen.

Heute ist es so, dass Kochen Bloggersache ist. Sowieso, wenn man sich die unzähligen, aber teilweise wirklich inspirierenden Blogs mit Kochrezepten vor Augen führt. Aber in dieser Wohnung bin ich der einzige, der bloggt und demnach auch der Koch. Und so stehe ich wirklich gerne stundenlang in der Küche und bastele ein Abendmahl. Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, hat bereits öffentlich eingeräumt, dass es für alle Beteiligten die beste Lösung ist, wenn sie auf das Kochen verzichtet. Wobei sie ihr Licht da auch ein wenig unter den Scheffel stellt. Doch ich bin für solche Situationen geschult. Denn:

2. Ich gebe ihr Bestätigung

Und wieder lacht es emanzipiert aus allen Ecken. Darüber schreiben darf man dennoch, denn man wird ja auch nicht müde, sämtliche Qualitäten von Frauen hervorzuheben, die für mich wiederum selbstverständlich sind. Die Frauen wie auch deren Qualitäten. Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, ist mir nicht selbstverständlich, weshalb ich ja gerade versuche, sie von mir nachhaltig zu überzeugen. Aktuell steht es zwischen Trennungs- und Beziehungsgründen 7:1. Es liegt also noch Arbeit vor mir.

Fakt ist, dass sie nicht so schlecht kocht, wie sie es gern darstellt. Bislang habe ich jede ihrer Speisen essen und verdauen können und sie waren köstlich, was ich ihr auch regelmäßig sage. Trotzdem ist sie nicht restlos von ihrem Können überzeugt, was übrigens viele Bereiche betrifft. Ich bin der Meinung, dass die Frau, die in unserer Wohnung lebt, deutlich selbstbewusster sein könnte. Ihr vergangener Gastbeitrag enthält eine Passage, die deutliche Spuren von Selbstironie trägt. Nun sind da einige Stellen zu finden, die fernab von todernst anzusiedeln sind, aber diese eine finde ich bemerkenswert. Denn sie offenbart ein Problem, das gerüchteweise weit verbreitet ist:

Man kann Frauen noch so oft sagen, dass sie hübsch sind. Sie glauben es nicht.

Also muss auch ich Überzeugungsarbeit leisten, was in der Regel mit einem scheuen Blick samt zaghaftem „Danke“ quittiert wird. Ich finde das so herum aber ehrlich gesagt sympathischer, als würde jemand pausenlos seine eigene Herrlichkeit loben. Bescheidenheit ist eine Tugend, die heutzutage durch übertriebenen Geltungsdrang an Bedeutung verliert. Etwas anderes ist es, wenn man sich ironisch überzeichnet, was auch ich im Dampfbloque gerne praktiziere. Was die Frau, die in unserer Wohnung lebt, angeht, so geht sie aufgrund vom typischen Balzverhalten, das beispielsweise in der Altstadt ihr gegenüber an den Tag gelegt wird, davon aus, dass sie nicht wohl nicht völlig schlecht aussieht. Aber so richtig überzeugt davon ist sie nicht.

Also versuche ich, sie davon zu überzeugen. Nicht, damit sie es raushängen lassen kann, sondern um ihr Selbstbewusstsein zu unterstützen. Auch nicht, weil ich glaube, dass sie sie sich nicht selbst aufbauen kann. Aber es ist nunmal so, dass man sich freut, wenn einem Komplimente gemacht werden. Und ich freue mich, wenn sie sich freut. Das Tolle daran ist: Ich muss mir nicht ständig was Neues ausdenken, um ihr eine kleine Freude zu machen. Es gibt eine Formel für Beziehungen und die enthält feststehende Begriffe und eine Leerstelle. Diese geheime Formel lautet: „Oh, [____] sieht/siehst [____] aber gut aus.“ („Oh, dieses Oberteil sieht an dir aber gut aus.“)

Sie funktioniert aber nur, wenn sie ernst gemeint ist. Ich verwende sie oft und ich verwende sie gerne. So, wie die Frau, die in unserer Wohnung lebt, es auch bei mir tut, wenn ich in den Seilen hänge, was durchaus vorkommt.

In der Hinsicht sind wir vermutlich alle gleich. Auf jeden Fall aber sie und ich. Wie passend. Denn:


3. Gleich und Gleich gesellt sich gern

(Fortsetzung folgt…)


Nichts, aber wirklich gar nichts könnte euch davon abhalten, die Fotos und Videos auf meiner Facebookpräsenz zu bestaunen. Also echt. Es gäbe nichts, was euch hindern sollte.

15 Kommentare

  1. mußte schmunzeln bei diesem Beitrag… Ein Mann der sich freiwillig in die Küche stellt kommt meist gut an. Allerdings…Kochen ist nicht schwer, wenn man es lernen will. Es geht um den Willen nicht um das „perfekte“ Gericht“, wie es durch unzählige Kochshows suggeriert wird. An denen darf man sich kein Beispiel nehmen. Und das mit dem „kompostierten Obst“ in den Schultaschen, sowas ähnliches hatte meine Mutter auch zu ertragen. Das lag bei genaueren Hinsehen an der mangelnden Kommunikation: Kind traut sich nicht sagen, dass es das Obst (oder bei meinem Bruder: den Bierschinken) nicht will und auch an der mangelnden Diplomatie der angeblich um das das Wohl besorgten Mutter.

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  2. Und was soll das sein auf den Tellern? Einen guten Koch darf ich das fragen!
    Und ja, es gibt unglaublich viele Koch- und Backblogs hier bei WordPress und auch ich folge einigen, weil Anregungen manchmal helfen, wenn jemand wie ich seit Jahrzehnten fast täglich überlegen muss, was wohl heute gekocht wird. Manchmal verlässt mich für kurze Zeit die Lust am Kochen, aber sie kehrt spätestens nach zwei Tagen wieder zurück und dann werden neue Rezepte ausprobiert oder Ideen anderer „Köche“ integriert. Schönen Sonntag!

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      • Ja, die Kartoffelecken hab‘ ich natürlich erkannt, aber sie sehen aus wie die Kartoffelspalten Western Art aus der TK-Truhe. Das wollte ich jetzt nicht in Verbindung bringen mit „gut kochen können“ ;-D Aber vielleicht hast du sie ja auch selbst hergestellt aus Kartoffeln! Meine sehen aber anders aus, deshalb die Frage!

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      • Das freut mein Köchinnenherz! Schmeckt ja auch viel besser. Die TK-Dinger finde ich schrecklich!
        Liebe Grüße und schönen Sonntag! Ich muss jetzt erst mal raus eine Runde drehen, nachdem ich an meinem Reisebeitrag „Sizilien“ bastle. Kopf frei und frische Luft in die Lungen. Am Laptop vergeht die Zeit unglaublich schnell. :mrgreen:

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  3. Mich hindert ein „Dings“, das sich vor Deine Facebookpräsenz schiebt und mich dazu zwingen will, mich bei Facebook anzumelden. Ich bleibe dann doch lieber hier bei der WordPress-Zentrale.

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