Männer sind…und Frauen auch! Überleg dir das mal!

2016-06-30 13.27.47

Männer sind anders. Genauso wie Frauen. Man spricht heute nicht mehr offen von Unterschieden, weil man einfach nicht mehr über Unterschiede spricht. Man erklärt Dinge zwar nicht mit sich selbst, aber exakt so wird es gemacht. Man thematisiert heutzutage nicht mehr Unterschiede zwischen Männern und Frauen, weil da keine sind. Manch einer wird nun zu Bedenken geben, dass da ja irgendwie doch Unterschiede…NEIN, DA SIND KEINE!

Diskussion beendet.

Die Realität sieht anders aus und wer hier nun einen philosophischen Text zur Genderdiskussion erwartet, der sich mit dem Patriarchat, dem repetititiven Charakter geschlechtsspezifischer Konstrukte und der hegemonialen Männlichkeit mit seiner kaum von der Hand zu weisenden diktatorischen Praxis befasst, der wird schwer enttäuscht. Fernab von dem Wunsch nach durchaus erstrebenswerter Gleichstellung (im Übrigen bewusst „Gleichstellung“ und nicht „Gleichmachung“) und mancher vielleicht etwas übertriebenen Vorstellung, wie es sein sollte, gibt es nämlich noch etwas anderes: Den Zustand wie er ist. Und der sieht nunmal so aus, dass sich Männer und Frauen unterschiedlich verhalten. Kann man mal drauf hinweisen.

Man bzw. Frau (es war das erste und letzte Mal, dass ich diese „man-frau“-Idiotie verwende) weist den Mann nur zu gern darauf hin, dass er beim Tanzen beschissen aussehe. Ich kann da nicht widersprechen. Und weil ich es weiß, tanze ich nicht. Ich kann überaus gut mit dem linken Fuß wippen. Manchmal aber raste ich aus. Dann nicke ich auch schonmal zum Takt mit dem Kopf. Man muss dazu allerdings auch einfach mal festhalten, dass Frauen eine gewisse Grundattraktivität besitzen. Egal, wie schlecht eine Frau tanzt, sie steigt in der Bewertungsskala für Tänzer prinzipiell erst ab „kann man so machen“ ein. Männer beginnen an der Talsohle der Skala. Diese lautet „Was zur Hölle ist das?!“.

Eigenartigerweise kann ich eigentlich tanzen. Ich besuchte im zarten Alter von 14 oder 15 Jahren eine Tanzschule. Einen Anfängerkurs, in dem sich der pickelige Abklatsch der späteren Gesellschaft tummelte. Gewisse Schritte sind mir durchaus noch geläufig, allerdings sorgt es doch eher für Befremden, wenn man im Club seiner Wahl bei David Guetta zum Cha-Cha-Cha ansetzt. Rhythmus kann ich. Alles andere wäre als ausgebildeter Schlagzeuger auch eine große Enttäuschung für meine Eltern. Gerade weil ich rhythmisch durchaus geschult bin, geht mir der Discofox so gegen den Strich. Die Zählzeiten kollidieren mit meiner Intuition, weshalb ich von meiner besten Freundin diverse Male zum Discofox gezwungen wurde, den ich nach ewigen Minuten der Verkrampfung beendete, um mich wieder fußwippenderweise an den Rand zu stellen. Dort bin ich sicher, da kann ich beobachten, was ohnehin meine Lieblingsbeschäftigung ist. Ich observiere meine Umgebung. Beschütze Freunde und die Frau, die in unserer Wohnung lebt. Lass die Finger von ihr oder ich zaubere dir Gelenke an deine Finger, wo keine sein sollten.

Der Vorteil daran ist natürlich, dass einem selbst im alkoholisierten Zustand Dinge auffallen. So fiel mir vor einigen Monaten der Tanzstil zweier Frauen auf, die recht einsam auf der Tanzfläche ihr Unwesen trieben und die Klänge von Mr. Bombastic mit etwas veredelten, was ich meinem Nebenmann spontan als „Störche beim Paarungstanz“ umschrieb. Nicht, dass er es nicht gesehen hätte. Er war ebenso irritiert von dem Anblick. Aber er blickte drein, als wäre er sich nicht sicher, ob das nun schon Kunst wäre. Ich half ihm, den Anblick einzuordnen. Es könnten auch Dinosaurier in Zeitlupe gewesen sein. Die Bewegungsabläufe sind da recht ähnlich.

Vielleicht ist meine Theorie mit der Bewertungsskala für Tänzer nicht ganz ausgereift. Bei der Frau, die in unserer Wohnung lebt, trifft sie allerdings zu. Sie steigt aber noch weiter oben ein.

Eine weitere Fähigkeit von Frauen, ist ihr Talent, Probleme in ihrer Gesamtheit zu erfassen und zu formulieren, um sie anschließend in einen größeren Kontext zu setzen. Es bleibt übrigens lediglich bei der Erfassung der Probleme. Die Lösung ist dann ein Gemeinschaftsprojekt, sofern eine Lösung überhaupt vorgesehen ist. Ein exemplarischer und fiktiver Dialog:

Sie: „Sollen wir laufen gehen oder spazieren gehen? Ich würde ja unterwegs gern Fotos machen, aber das geht ja beim Laufen nicht.“

Er: „Wir könnten die Kamera im Auto lassen, laufen gehen und danach mit der Kamera spazieren gehen.“

Sie: „Die lasse ich nicht im Auto liegen. Nach dem Laufen ist mir außerdem kalt.“

Er: „Es ist warm draußen.“

Sie: „Aber ich habe danach keine Lust mehr, spazieren zu gehen. Außerdem wollte ich noch Dünger kaufen.“

Er: „Dann fahren wir nach Wittlaer, machen einen Lauf und gehen auf dem Rückweg dann ins Gartencenter dort.“

Sie: „Man kann doch nicht verschwitzt und rotgesichtig ins Gartencenter gehen!“

Er: „Ich gehe doch nach dem Laufen auch tanken und einkaufen.“

Sie: „Ja, die Leute reden ja auch schon über dich.“

Es ist eine Sichtung sämtlicher Probleme und ein Gedankenspiel der Optionen. Einen Ausweg gibt es nicht. Eine Erörterung ohne Ergebnis. Es ist übrigens gut möglich, dass die beiden Protagonisten ohne Kamera nach Wittlaer fuhren, laufen gingen, um anschließend im dortigen Gartencenter Dünger zu kaufen. Und Pflanzen. Eine Abweichung vom Plan, die ich aber toleriere. Weil ich es ihr recht machen möchte. Ich hätte ihr die Kamera auch während des Laufs die ganze Zeit getragen, damit sie sie nicht tragen muss. Anschließend wäre ich auch alleine spazieren gegangen, hätte die Dinge fotografiert, die sie hätte fotografieren wollen, damit sie sich im Auto aufwärmen kann. Da bin ich willenlos. Wäre! Wenn es sich bei den beiden Personen um die Frau, die in unserer Wohnung lebt, und mich handeln würde. Mir wäre es egal, weil es ihr gut gehen sollte. Was stört mich da eine Kamera? Was stört mich da irgendwas? Das wären unerhebliche Kleinigkeiten, über die es sich nicht zu diskutieren lohnt. Also nähme ich sie auf mich, was heldenhafter klingt, als es ist. Es wären Kleinigkeiten.

Die männliche Strategie, über das Lösen einzelner Teilaufgaben schließlich zur Entschlüsselung des großen Ganzen zu gelangen, ist allerdings nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss. Denn während der Mann von A nach B denkt, sinniert die Frau über den Weg von A nach B, wenn A.1, was unweigerlich B.1 nach sich zöge. Das ist gar nicht so dumm. Ich stoße mich ganz gern an solchen Gedanken, weil ich insgeheim hoffe, dass eben nur ein Fall eintritt: der von A nach B. So ist es aber in unangenehmer Regelmäßigkeit nicht. Also muss ich tricksen. Ich mache den Weg von A nach A.1 einfach zu A nach B. Der Weg von A.1 nach B bzw. B.1 wird wieder zu A nach B. Jede Teilaufgabe wird nicht im Kontext betrachtet sondern als i n sich geschlossen. Ist diese gelöst, geht es zur nächsten. Schritt für Schritt. Das macht die Frau, die in unserer Wohnung lebt, wahnsinnig, weil ich mir dadurch gelegentlich widerspreche.

Klassisches Beispiel:

Sie: „Schau jetzt bloß nicht auf die andere Straßenseite!“

Er: „Was? Warum? Ach, die Eine da? Naja, ich finde die jetzt nicht sooo hübsch.“

Problem also gelöst.

Sie: „Aber die sah doch ungefähr wie ich aus.“

Er: „Vielleicht ein bisschen.“

Sie fand sie hübsch, also kann sie nicht ganz schlecht ausgesehen haben.

Sie: „Also fandest du sie doch hübsch.“

Er: „Nein.“

Gerettet.

Sie: „Das heißt, dass ich so gerade eben noch hübsch bin, aber alles, was nur ein wenig unhübscher ist als ich, ist nicht mehr hübsch?“

Er: „Ich habe die gar nicht richtig sehen können.“

Sie: „Achso. Also ich fand die sehr hübsch.“

Er: „Ja, die sah ein bisschen so aus wie du.“

Man sagt Frauen nach, dass sie manchmal ein wenig zu kompliziert denken. Dafür sind Männer gelegentlich unfassbar dumm.


Aber längst nicht so dumm, wie meine Facebook-Präsenz.

13 Kommentare

  1. Sehr starker Text! Ein bisschen (die zweite Hälfte) nach Paul Watzlawick „Anleitung zum Unglücklichsein“. Ganz ausgezeichnet die Einschätzung des Musikers in Sachen Foxtrott, den wirklich nur unmusikalische Menschen tanzen wollen. Das gibt jetzt wahrscheinlich Ärger…
    Aber dennoch: Dauerhaft 3 gegen 4 muss einen Schlagzeuger in den Wahnsinn treiben.

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  2. Zu „genetisch“ tanzunfähigen Männern ist an vielen Stellen schon viel gesagt worden, und es gibt ja nachweislich Männer, die das Tanzen ganz exzellent beherrschen – auch den guten alten Foxtrott oder auch Discofox, selbst wenn die nicht auf den allseits beliebten Marsch-4/4-Takt aufsetzen. Aber es sei euch Tanzunfähigen (oder -unwilligen 😉 ) gegönnt, alle, die das doch beherrschen oder zumindest gern tun, für irgendwie schräg zu halten…

    Was man ganz klar sagen muss: als tanzender Mann erobert man die Frauen! Männer mittleren Alters, die, warum auch immer, plötzlich solo dastehen, stellen dann fest, dass man(n) mit dem Motto aus der Jugend „wer tanzt, hat bloß kein Geld zum Saufen“ wenig bis keine Chancen beim anderen Geschlecht hat. Und dann entern sie die Tanzkurse :-).

    Das mit den Männern und Frauen ist ja auch alles nicht so einfach – eigentlich passen sie, wie der selige Loriot schon konstatiert hat, auch gar nicht zusammen. Einerseits: Männer sind anders, Frauen aber auch. Wenn man aber daraus mit bestechender Logik schließt „Ihr Männer seid doch alle gleich!“ ist das ja auch nicht richtig. Denn Männer an sich sind, wie Frauen, ja untereinander auch irgendwie anders.

    Und als kleine „Übersetzungshilfe“ für „Frauenprobleme“: wir Frauen wollen meist gar nicht, dass ihr mit einer flotten Patentlösung um die Ecke kommt. Wenn wir so ein „Laufen oder gehen, mit oder ohne Kamera, und was mach ich dann mit meiner Frisur“-Problem aussprechen, denken wir eigentlich eher laut. Ihr müsst gar keine Pro-Contra-Liste machen. Wir wollen laut vor uns hindenken, zwischendurch ein partnerschaftlich-zustimmend-verständnisvolles „Hmmm-hmmm, jaaaa, stimmt auch wieder“ hören, bis wir uns irgendwann entschieden haben. Versuchs mal :-).

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  3. Also, ich bin entäuscht, den ich hatte „hier nun einen philosophischen Text zur Genderdiskussion erwartet, der sich mit dem Patriarchat, dem repetititiven Charakter geschlechtsspezifischer Konstrukte und der hegemonialen Männlichkeit mit seiner kaum von der Hand zu weisenden diktatorischen Praxis befasst,“

    Da ich solche Texte aber prinzipiell nicht lese, „wg. Brett vorm Kopf und völligem Desinteresse“ schlug die Enttäuschung, notgedrungenn schlussendlich in jauchzende Zustimmung um. Denn den Text verstand ich, also ein wenig, etwas, ein bisschen.

    Ich bin mir nicht völlig sicher, abber Lebbe isse ebben nische so einfach.

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    • Vielleicht kommen wir auch alle – Männlein wie Weiblein – sehr viel entspannter durchs Leben, wenn wir a) das Anderssein des/der Anderen (ebenso wie derer des gleichen Geschlechts) hinnehmen – es bleibt uns ohnehin nichts anderes übrig, wenn wir nicht zu Serienmörder/inne/n oder Einsiedler/inne/n werden wollen; b) uns über Unterschiede freuen, geben sie uns doch eine Möglichkeit, uns selbst durch die andere Seite reflektiert zu sehen und über uns und unser So-sein nachzudenken; und c) doch irgendwie zu der Erkenntnis gelangen, dass (fast) jeder sein Päckchen damit zu tragen hat, dass er ist, wie er ist, und dass es doch schön ist, dass wir nicht alle gleich sind – eine gewisse Vielfalt ist häufig ja ganz anregend :-).

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