Der neongelbe Ninja IV – Warum er schnell durch Parks rennt

Es gibt ja verschiedene Gründe, weshalb jemand damit anfängt, regelmäßig seine Lungen zu malträtieren. Ich bin mir gar nicht so sicher, warum ich im Alter von 23 Jahren plötzlich den Drang verspürte, etwas für meine Fitness zu tun – noch nicht einmal das – bzw. einfach laufen zu gehen. Ich hatte nie Gewichtsprobleme, weshalb sich mein sportlicher Ehrgeiz doch in recht engen Grenzen hielt. Mit 17 Jahren mussten wir im Sportunterricht um die hiesige (in Duisburg) Regattabahn laufen, wo ich dann gemerkt habe, dass Laufen durchaus einen Effekt hat: Übelkeit und Ohrenschmerzen. Das legte sich allerdings relativ schnell und beim zweiten Mal war es ein recht neutrales Erlebnis, wenn man davon absieht, dass wir im Kollektiv über 4,9 Kilometer „Ich packe meinen Koffer mit Sexspielzeug“ gespielt haben. Unser Sportlehrer, der nicht mitlief, war etwas ungehalten. Nicht wegen des Spiels an sich, sondern weil unsere Zeit einfach in seinen Augen unterirdisch war. Sie war es tatsächlich, was kein Wunder ist, wenn man dauernd sprechen muss. Das kann ich bis heute nicht beim zügigen Laufen.

Das letzte Mal, dass ich in dieser Zeit laufen war, war der Abschlusslauf am Ende des Schuljahres, an dem die gesamte Schule teilnahm. Von diesem Lauf stammt auch meine Zeit, die ich seitdem nie wieder erreicht habe, obwohl ich ihr nacheiferte: 20:18 min auf 4,9 Kilometer. Sofern ich da richtig liege, sind das 04:02 min/km, was aus heutiger Perspektive halbwegs gestört ist.

Das war dann auch für viele Jahre der letzte Lauf. Ein paar mal noch alibimäßig joggen, aber das wars. Mit fast 24 Jahren haben dann plötzlich einige in meinem Freundeskreis begonnen, laufen zu gehen, was ich nicht auf mir sitzen lassen wollte. Also musste ich auch damit anfangen. Das ging über den Herbst auch ganz gut, weshalb ich mich für das folgende Jahr zum Fisherman’s Friend Strongman Run in Weeze anmeldete. Nach der Anmeldung ging ich nicht mehr laufen. Ach doch, zweimal drei Wochen vor dem Lauf. Hat geklappt…weil ich nicht wusste, wie sich eine Innenbanddehnung im Knie anfühlt.

Hätte ich es gewusst, wäre ich zum Arzt gegangen. So bin ich erst zur WM 2010 zum Arzt gegangen, weil ich ein eigenartiges Gefühl im rechten Knie feststellte. Der Arzt stellt die Diagnose und weil ich mich an das Gefühl der Monate zuvor erinnere, wusste ich zu diesem Zeitpunkt, dass ich wohl auch nach dem Strongman Run im anderen Knie eine Innenbanddehnung hatte. Der drei Monate spätere Außenbandanriss im rechten Sprunggelenk legte mich dann erstmal still, was richtig mies war, weil ich mich zu dem Zeitpunkt in guter Verfassung befand und wöchentlich dreimal das Fitnessstudio aufsuchte.

Das war dann vorbei und ich war nur noch wenige Male dort.

Da stellt sich die Frage, warum ich überhaupt in regelmäßigen Zyklen laufen gehe. Der letzte Zyklus ging etwa bis vergangenen Juni und in der Retrospektive würde ich mal ganz kühn behaupten, dass ich vor allem für einen gewissen Ballsport meine Kondition auf Vordermann bringen will und wollte. Zumindest seit ich studiere, weil ich mit dem (ernsthaften) Studienbeginn 2010 wieder mit der Balltreterei angefangen habe. Mit Blick auf die Zukunft würde ich sagen, dass die Sache auch eine Investition in die eigene Gesundheit ist. Ich will nicht röchelnd Treppen emporkrebsen. Ich möchte lange halbwegs agil und mobil bleiben, was oftmals in direktem konkrten Zusammenhang mit den Beinen steht. Allzu starken Verschleißerscheinungen kann man vorbeugen, weshalb ich mittlerweile auf meinen Körper höre, wenn er nicht laufen gehen will. Ich überrede ihn dann und rate ihm, sich nicht allzu sehr anzustellen.

Mal ganz von diesem Fitnessgefasel abgesehen hat das Laufen auch tatsächlich einen Effekt auf die Psyche. Das wollte ich nie glauben, aber es stimmt. Nach einem Halbmarathon auf Tempo und anschließendem Erbrechen geht es einem immer besser als vorher. Vielleicht auch einfach nur deshalb, weil man nicht mehr weiß, wie es einem vor dem Lauf ging.
Außerdem gehöre ich ja zur Spezies der Selbstvermesser, die sich dafür interessieren, was der Körper so macht, wenn er denn etwas macht. Ich glaube im ersten Teil hatte ich das schonmal am Rande angesprochen: Die Daten sind in meinen Augen nur bedingt relevant. Es ist eine nette Spielerei, wenn man seinen Puls unter Belastung nachträglich (!) beobachten kann. Dass jemand während des Laufs seine Vitalwerte überwacht, halte ich für durchaus sinnlos; außer er muss es aus gesundheitlichen Gründen. Laufen hat nämlich auch etwas mit Entspannung zu tun und da möchte ich nicht andauernd auf mein Handy glotzen müssen. Hätte ich eine Uhr mit entsprechenden Fähigkeiten, wäre das vielleicht anders. Habe ich aber nicht. Als Nutzer der adidas micoach-Familie bin ich folglich auf mein Handy angewiesen.

Warum laufe ich denn überhaupt? Darum sollte es hier ja eigentlich gehen. Wahrscheinlich, weil ich neidisch bin. Neidisch auf ein 13 Jahre jüngeres Ich, das es trotz des Rauchens (diese Zeit ist längst vorbei) auf eine pervers schnelle Zeit gebracht hat, die ich nun wieder erreichen möchte. Vielleicht standen die Winde gut. Thermische Aktivitäten darf man nie außer Acht lassen. Das habe ich in sechs Semestern Geologiestudium ohne Abschluss gelernt. Das und die Tatsache, dass sowohl Hoch- als auch Tiefquarz muschelig brechen. Geologen sind aus linguistischer Perspektive hochinteressant, weil Könige der Neologismen. Im aktuellen Studium habe ich dann so Worte wie „Neologismen“ gelernt. Das hat aber nichts mit dem Laufen zu tun.

Im Gegensatz hierzu:

Lauf_20151203

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