Das Geheimnis guten Urlaubs – Aus dem Bauch heraus entscheiden

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Die Vorgeschichte:

Gute Kontakte zu denen, die in der Eifel die Fäden ziehen, und eine unverhoffte Phase fehlender beruflicher Verpflichtungen verschafft uns das Glück, eine Woche in der Vulkaneifel unser Unwesen zu treiben. Unser Vorhaben, jeden Tag etwas unternehmen zu wollen, haben wir tatsächlich und entgegen sämtlicher Erwartungen (zwei, nämlich unserer) in die Tat umgesetzt. Kurz nachdem wir die Aufenthaltsgenehmigung für die Eifel erteilt bekamen, erreichte mich die Nachricht, dass man von eventuell zukünftiger Arbeitgeberseite nach mir verlangt. Das erklärt den vorherigen Beitrag, in dem ich für einen Tag nach Düsseldorf zurückfahre. Nun ist dieser Tag vorüber, ich auf dem Weg zurück in die Eifel und voller Vorfreude auf die drei Tage, die uns nun noch bleiben. Doch die würden anders aussehen, als wir es uns gedacht hatten.

Ich steuere mein Gefährt durch die Dunkelheit. Mir ist etwas übel. Die Menge an Fast-Food, die ich kurz vor der Abfahrt in Düsseldorf verdrückte, hätte einem Mehrgenerationenhaushalt vemutlich einige Wochen das Überleben gesichert. Für eine Person aber war es zu viel. Ein Grund, weshalb ich noch einmal einen Stopp einlege, um mein Hemd auszuziehen und in etwas Bequemeres zu schlüpfen. Irgendwo bei Köln bin ich ob des Schilderwaldes sehr verwirrt und nehme in einem Kreuz die falsche Abfahrt, was mich zunächst auf eine andere Autobahn bringt. Nämlich die, die ich heute morgen nahm, um nach Düsseldorf zu gelangen. Nun hat so ein Auto seinen Rückwärtsgang ja nicht umsonst, weshalb ich unter dem liebevollen Zuspruch der vorbeirasenden Autofahrer langsam etwa zwei Kilometer rückwärts auf die richtige Autobahn zurücksetze.

Nun bin ich wieder auf Landstraßen in der Eifel unterwegs. Die Autobahn endet hier relativ plötzlich, was die Kommune wohl erkannt und ein neues Verbindungsstück auf den Weg gebracht hat. Nachts sieht man es nicht. Tagsüber hingegen lässt sich erahnen, dass die Gegend hier bestimmt mal ganz schön gewesen sein muss. Damals, bevor man beschloss, eine Schneise durch die geschwungene Landschaft zu fräsen. Ein Gedanke, der mir oft kommt, wenn ich auf der Autobahn durch urlaubliche Gefilde fahre und alte Höfe und kleine Dörfer sehe. „Wie idyllisch“, denkt man sich und fährt weiter auf dieser Narbe in der Landschaft, die den Wert vieler Immobilien von jetzt auf gleich minderte.

Ich erreiche gegen 22 Uhr das Ferienhäuschen. Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, bat mich darum, kurz vor meiner Ankunft eine Nachricht zu schreiben, damit sie mich nicht mit ihrer Schrotflinte über den Haufen schießt. Der Nachteil der Abgeschiedenheit ist nämlich kurioserweise der, dass man abgeschieden ist. Jedes Geräusch im Haus oder aber jemand, der sich unangekündigt an der Haustür zu schaffen macht, weckt Ängste. Nun hat die Frau, die in unserer Wohnung lebt, keine Schrotflinte. Das hat sie aber noch nie daran gehindert, mich über den Haufen zu schießen, wenn sie mich mit einem Einbrecher verwechselte.

Weil ich sie vorwarnte, öffnet sie mir die Tür und lässt mich in das warme Häuschen. Jetzt fängt der Urlaub richtig an. Ich bin einigermaßen geschafft von der Fahrerei und den Eindrücken der Probearbeit, die mir nur insofern noch ein etwas flaues Gefühl in der Magengegend verschafft, als ich nun noch die endgültige Antwort des Unternehmens abwarten muss. Aber ich habe meinen Teil getan. Nun liegt es nicht mehr an mir. Die ersten hoffentlich guten Eindrücke habe ich hinterlassen. Ich erzähle der Frau, die in unserer Wohnung lebt, von dem, was ich heute trieb und stoße mit ihr auf den Beginn des eigentlichen Urlaubs an. Es ist Mittwochnacht. Am Sonntag würden wir irgendwann nach Hause fahren. Morgen würden wir wieder wandern gehen.

Um 23:34 Uhr klingelt mein Handy.

img_2821_01Es ist wohl etwa 12 Uhr mittags, als wir den Schlüssel in das Haustürschloss des Ferienhäuschens schieben und von außen abschließen. Strom und Wasser sind abgestellt, die Betten abgezogen, alles benutzte Geschirr gespült, abgetrocknet und eingeräumt. Gestern Abend lagen wir noch lange wach und überlegten, was wir tun sollen. Wir hatten uns auf den Urlaub gefreut, weil es recht lange her ist, dass wir eine wirklich ruhige Zeit zusammen verbringen konnten. Ruhige Abende zuhause sind das Eine, das Zurücklassen des Alltags, indem man das vertraute Umfeld verlässt, etwas ganz Anderes. Und so bemühen wir sämtliche Plattformen für Unterkünfte in unserer Nähe.

Irgendwann wird uns bewusst, dass wir – ganz gleich, wo wir vielleicht etwas angemessenes finden würden – die Urlaubsstimmung nicht wiederherstellen werden können. Alles andere als dieses Häuschen wäre ein Kompromiss. Darüber hinaus würden wir mehr Geld ausgeben, als wir ursprünglich geplant hatten. Es wäre ein Urlaub zweiter Klasse und bevor wir uns daran gewöhnt hätten, wäre er schon wieder vorüber.

Also schieben wir den Schlüssel in das Schloss, drehen ihn, schließen das Ferienhäuschen ab, steigen in das vollgepackte Auto und fahren los. Eine Sache wollen wir uns heute, an diesem verregneten Donnerstag, noch ansehen. Es sind abermals Höhlen, die von einem Bach aus etwa 300.000 Jahre altem Gestein gewaschen wurden. Auch hier in den img_2839_01Kakushöhlen – wie auch in den übrigen Höhlen, die wir uns anschauten – fand man Spuren des Neandertalers und allerlei Überreste von Tieren, die es heute nicht mehr gibt. Darüber hinaus wurden römische Münzen ausgegraben, die darauf hinweisen, dass hier in der Spätantike Menschen vor den einfallenden Franken Schutz suchten.

Es schüttet wie aus Kübeln, was uns den Luxus verschafft, diese Höhlen für uns allein zu haben. Das schafft vor allem ein Gefühl dafür, wie glücklich sich die frühen Menschen schätzen konnten, diesen Unterschlupf hier zu finden, wenn es draußen ungemütlich wurde. Mit etwas Pech hatte es sich hier dann schon ein Tier gemütlich gemacht. Heute kennt man Bären und findet es nicht ungewöhnlich, wenn man hört, dass eine Höhle von Bären bewohnt wird. Diese Zeiten sind hierzulande aber lange vorbei. Hier gibt es keine Bären mehr.

Noch beeindruckender ist für mich allerdings der Hinweis darauf, dass hier einst Höhlenlöwen lebten. Während Bären vielleicht noch vorstellbar sind, ist der Gedanke an Löwen in Deutschland fast schon absurd und lässt mich demütig zurück. Man weiß solche Dinge erst zu schätzen, wenn sie nicht mehr da sind. Ob die Menschen in tausend Jahren irgendwo in Baden-Württemberg stehen werden und voller Ehrfurcht darüber lesen, dass hier einst die letzten Feldhamster lebten? Ich hätte gern mal einen Dodo gesehen. img_2809_01Draußen plätschert der Regen vom Plateau über den Höhlen. Es ist kalt und etwas zugig hier. Früher suchte man hier Zuflucht. In einer solchen Atmosphäre spürt man die Vergänglichkeit.

Nach einer guten Dreiviertelstunde haben wir alles gesehen. Auch hier gibt es Spinnen, die sich wie ein roter Faden durch unseren Urlaub ziehen. Wir steigen ins Auto und müssen wohl oder übel die Heimreise antreten. Irgendwann stehen wir auf einer leeren Landstraße und müssten links abbiegen, um auf die Autobahn zu gelangen. Es schüttet noch immer. Kein Auto weit und breit zu sehen. Wir schauen nach rechts und sehen eine verregnete Urlaubslandschaft. Links lässt sich die Autobahnauffahrt erahnen. Wir zögern. Bögen wir nach links ab und führen auf die Autobahn, wäre der Urlaub innerhalb einer guten Stunde vorbei. Und rechts?

Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, greift plötzlich nach dem Handy in der Halterung, beendet die Routenführung in Google Maps und legt das Handy beiseite. Wir bräuchten es ohnehin nicht mehr, wenn wir links abbögen. Der Regen prasselt auf das Autodach und der Scheibenwischer hat große Mühe, den Schleier aus Wasser von der Frontscheibe zu wischen. Hier stehen wir, irgendwo in der Eifel, und haben zwei Optionen. Wenige Augenblicke später schaltet die Frau, die in unserer Wohnung lebt, in den ersten Gang und fährt an.

Wir biegen rechts ab.


Lest auch die vorherigen Beiträge. Sie sind sehr, sehr gut.


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