Junggeselle auf Zeit I – Getrennte Betten…und Städte

24.11.2015, 19:52 Uhr

Ich bin gerade nach Hause gekommen und ich fürchte, dass ich in den kommenden Tagen sehr einsam sein werde, was menschliche Organismen innerhalb dieser Wohnung angeht. Richtig einsam bin ich gerade nicht, weil rechts neben mir das männliche und  eigentlich kastrierte Meerschweinchen seine Testikel wiedergefunden zu haben scheint und die unkastrierte Meerschweinchenfrau lautstark durch den Stall treibt. Die Katze schaut fasziniert zu. Perverses.
Allerdings sind diese Räumlichkeiten aktuell um eine Person ärmer. Sie hat Abstand genommen. Schläft woanders. Muss ich alleine leben? Muss ich mich mit 30 wieder auf den Markt begeben, um zu hoffen, dass ich eine sarkastische, des Lektorats fähige, attraktive und weibliche Person fände?

Zu meinem – und all derjenigen, die es mit fehlerfreien Texten halten – Glück, befindet sich die Frau, die in dieser Wohnung vorübergehend nicht wohnt, lediglich im Krankenhaus. Füße straffen, Augenlider aufpolstern, Brüste verlängern. Das Übliche.

Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, kann wohl an dieser Stelle verraten werden, dass man bestimmte Dinge von außen nicht sehen kann. Deshalb haben sich verschiedene Ärzte darauf geeinigt, eine Ortsbegehung durchzuführen. Dazu ist ein Krankenhausaufenthalt relativ unumgänglich, denn diese Sauerei möchte niemand bei sich in der Wohnung veranstalten. Außerdem befindet sich, wie eingangs erwähnt, ein Kleintier wie durch ein Wunder in Paarungslaune, was den schnibbelnden Chirurgen unter Umständen auf die Palme bringen könnte.
Für ein solches Unterfangen ist es  notwendig, einen Tag zuvor einzuchecken. Das war also heute. Nachdem die gute Frau an der Rezeption mit den Worten

„Guten Tag, ich hatte einen Kurzurlaub gebucht.“

auf dem falschen Fuß erwischt wurde, ging es auf die Station, die ein wenig an ein Hotel der all inclusive-Kategorie erinnerte und noch immer erinnert. Sie existiert nämlich noch. Davon gehe ich zumindest aus, denn falls es nicht so wäre, müsste ich die Frau, die in unserer Wohnung vorübergehend nicht wohnt, zur Rede stellen, wer mir denn da gerade in ihrem Namen Nachrichten schreibt. Sie könnte es dann ja nicht sein.
Wie dem auch sei: Eine private Zusatzversicherung zahlt sich gelegentlich aus. Es gibt einen eigenen Kühlschrank, zwei Tresore, eine eigene Dusche, eine Lounge mit zugehöriger Küchenzeile, gefülltem Kühlschrank und Kaffee-Vollautomaten für Patienten und deren Besucher für Umme. Also nicht wirklich für Umme, weil man ja Beiträge zahlt und schließlich einen Grund hat, weshalb hier ist. Krankheiten und Verletzungen trüben die Freude über derlei Annehmlichkeiten ein wenig.

Nach einigen Belehrungen und Hinweisen sowie einer Odysee durchs Krankenhaus, um die Örtlichkeiten des EKG zu finden, fanden wir uns auf dem Zimmer wieder, wo wir Anziehsachen, Zwieback für die Zeit nach der OP und allerlei Kram zum Zeitvertreib sinnvoll im Raum verteilt haben. Plötzlich sind zwei Schwestern hereingeschneit, die sich als die Spätschicht zu erkennen gegeben haben. Eine davon war offensichtlich Nonne, was grundsätzlich eine gute Sache ist. Die tun nix. Werden ja auch von ganz oben überwacht und mit entsprechenden Fähigkeiten ausgestattet. Sie schien auf jeden Fall eine sehr liebe, alte Dame zu sein, sagte aber selbst kein Wort. Viele Lachfältchen sind immer ein gutes Zeichen. Optisch und von der Gangart erinnern mich Nonnen oftmals an Pinguine. Bei den Blues Brothers sieht man es ähnlich.

Anschließend ging die zu Operierende duschen, während ich es mir auf dem Krankenbett bequem machte. Ein Umstand, der Folgen haben würde und meine Wahrnehmung eines bestimmten Berufs nachhaltig prägen würde…

Hier geht’s zum zweiten Teil!

 

6 Kommentare

  1. Oha. Ich wünsche alles gute. Du bist nun das, was ich gelegentlich schätze: strohwitwer. P.s.: mich nervt ja oft schon, jedes mal „mitbewohnerin“ zu schreiben. Du hingegen hast direkt einen ganzen Halbsatz zu schreiben. Den ich übrigens wie den Außenposten sehr gelungen finde!

    Gefällt 2 Personen

    • Ich richte es aus und erneut vielen Dank. 🙂
      Dafür beneide ich dich für denn „Strohwitwer“ und die „Mitbewohnerin“. Wenn ich gewusst hätte, dass ich hier so viel von mir gebe, hätte ich eine etwas ökonomischere Bezeichnung als „dFdiuWl“ gewählt.

      Gefällt 1 Person

  2. […] Wohl dem, der jemanden im Krankenhaus kennt. Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, wurde verlegt, nachdem Dr. von und zu Professordoktor ordentlich der Marsch geblasen wurde. Als er ins Zimmer kommt, um die anstehende Verlegung anzukündigen, sagt er, dass er “not amused” gewesen sei, als er den Anpfiff kassiert hat. Nun liegt die Frau, die in unserer Wohnung lebt, wieder dort, wo sie vergangenes Jahr schon lag. […]

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