Manch einem wird es nicht entgangenen sein. Manch anderem hingegen schon, was ich darauf zurückführe, dass nicht jeder meiner Abonnenten meiner Facebook-Präsenz den erhobenen Daumen zeigt. Das ist in Ordnung, denn bislang zeigte ihr auch niemand den erhobenen Mittelfinger. Allerdings merke ich gerade, dass ich das gar nicht beurteilen kann. Vielleicht hat sich der eine oder andere schon angewidert abgewandt, weil ihm meine Facebook-Seite wider Erwarten doch unangenehm aufstaaaß. Immer wieder verschwinden hier WordPress-Abonnenten, die aber schnell von einem oder gleich mehreren neuen Abonnenten ersetzt werden. Meine Abonnenten entstammen der griechischen Sage. Sie sind die Hydra. Schlägt man einen Abonnenten ab, wachsen sieben neue nach. Waren es sieben? Ich muss recherchieren…
…
Hochinteressant! Die Hydra hatte mehrere Köpfe. Schlug man ihr einen ab, wuchsen an dessen Stelle nicht sieben, nein!, sogar zwei nach! Man beachte an dieser Stelle die miteinander kollidierenden Ebenen von Satzbau und Inhalt. Das bedeutet, dass ich mich – weil ich gelegentlich ein wenig Zeit benötige, um Zusammenhänge zu erkennen (was überhaupt nicht stimmt!) – irgendwann mit einer vermutlich tausendköpfigen Schlange hätte auseinandersetzen müssen. Glücklicherweise sind die Dinosaurier ausgestorben und die Hydra existiert nicht mehr in Form eines Reptils, sondern – was deutlich angenehmer ist – als meine Abonnentenschaft. Verliert also ein Abonnent aus unerfindlichen Gründen die Lust, mir weiter zu folgen, entfolgt er mir, was zur Folge hat, dass zwei weitere die Verfolgung aufnehmen. Von mir. Nicht vom abgewanderten Abonnenten. So entstand im Laufe der Zeit eine fünfhundertzwanzigköpfige Abonnenten-Hydra.
Besonders interessant finde ich aber eine Sache: Die Hydra aus der Mythologie besaß einen Hauptkopf, der unbesiegbar war. Der in der Mitte. Was höchst ungenau ist. Denn angenommen, die Hydra hatte von Beginn an sieben Köpfe und man schlug einen davon ab, was logischerweise dazu führt, dass zwei Köpfe nachwuchsen, so besäße sie acht Köpfe. Es existierte kein Kopf in der Mitte. Folgerichtig wäre kein Kopf unbesiegbar. Andererseits wüchsen ja beim nächsten Abtrennen eines Kopfes zwei neue nach, womit die Anzahl der Köpfe wieder ungerade wäre. Wie man es auch dreht, die Hydra gewönne oder gewänne oder würde gewinnen tun. Möglicherweise war der Hauptkopf der erste. Der Hauptkopf meiner Abonnenten-Hydra ist demzufolge mein erster Abonnent. Er ist unbesiegbar. Toll!
Wie komme ich jetzt von der griechischen Mythologie zum eigentlichen Thema? Was ist eigentlich das eigentliche Thema? Es soll wohl um Stimmen gehen. Stimmen sind wichtig. Jede Stimme zählt. In jeder Lebenslage. Auch die Griechen hatten Stimmen. Sie sprachen über diverse Themen. Möglicherweise über das neue Orakel von Delphi, Troja und die Staatsverschuldung. Was weiß ich. Im Gegensatz zu damals, kann man Gesprochenes heute nicht nur zitieren, sondern im Originalton wiedergeben. In dieser Hinsicht sind wir den antiken Griechen überlegen, denn so kamen einige wenige meiner Abonnenten, die auch meiner unsagbar geistlosen Facebook-Seite folgen, in den Genuss meiner lieblichen Gießkannenstimme.
Ich kann sprechen. Ich kann auch recht gut frei sprechen, was ich einfach mal von mir behaupte. Wer sich ein Bild davon machen möchte, kann mich gern bei meinem Arbeitgeber für einen gemütlichen Nachmittag buchen. Wenn das mal kein Grund ist, mal wieder in den Zoo zu gehen. Ich spreche auch gern, allerdings beschränkt sich diese Vorliebe auf den geschäftlichen Bereich.
Oder anders: Wo ich nicht sprechen muss, halte ich gern die Schnauze. Andere sprechen im privaten Alltag deutlich mehr und ich finde das gut so. Ich muss nicht immer etwas sagen, außer ich habe etwas zu sagen. Ich habe in der Uni gern Referate gehalten, die man oftmals in Gruppen organisieren musste. Das sollte die Teamfähigkeit schulen und führte unterm Strich dazu, dass jeder für sich allein seinen Teil machte. Wie dem auch sei. Ich habe gern Vorträge gehalten. Auch weil ich wusste, wie manch Kommilitone vor Publikum sprach oder ablas.
Im Herbst des vergangenen Jahres reifte in mir der Gedanke, die Texte des Dampfbloque/Dampfbloques aufzunehmen, weil ich dachte, dass es vielleicht den einen oder anderen Leser ansprechen würde. Bis dahin hatte ich bereits zwei Audiodateien in Beiträgen verlinkt – den Sommerhit 2010 „Langeweile“ und ein Projekt aus dem Studium – und die Resonanz war zumindest nicht vernichtend. Man attestierte meiner Stimme Radiotauglichkeit, dem ich nach wie vor widerspreche. Vor Kurzem erst widersprach man mir, als ich meine Stimme als nasal bezeichnete, was den Unterschied von Subjektivität und Objektivität offenbart.
Jeder kennt die Situation, wenn man seine Stimme das erste mal nicht im eigenen Kopf sondern von einem Band abgespielt hört. Diese Situation liegt bei mir schon etwa 23 Jahre zurück. Denn als ich früher mit meiner Schwester „Kuscheltiere“ spielte, nahmen wir diese Sitzungen mit einem Kassettenrecorder auf. Später folgte dann die Produktion einer Erfolgsserie, deren Name mir entfallen ist. Sie handelte von einem coolen Jugendlichen, den ich spielte. Ich machte einfach irgendwelche Sachen in meinem Kinderzimmer und bannte es ebenfalls auf Band. Improvisiert, spontan, albern. Aber in dieser Zeit wurde der Grundstein für ein reges Interesse an Aufnahmemedien gelegt, woran wohl auch mein Vater schuld war. Denn ihm schaute ich oft genug über die Schulter, wenn er für die Arbeit oder für Geburtstage an Liedern, Videos und anderem herumfrickelte. Wir nahmen die Weihnachtsgeschichte auf, was für mich – gerade erst im Stimmbruch angekommen – wenig erheiternd war. Denn bis dahin kannte ich meine Stimme.
Heute kenne ich sie wieder. Denn zwischen Stimmbruch und Gegenwart lagen erste zaghafte Sprachaufnahmen mit Billigmikrofon, erste Musikproduktionen im stillen Kämmerlein, die ersten Musikaufnahmen als Band im Proberaum, die nächsten Aufnahmen der Band mit professionellerem Equipment und, um es kurz zu machen, knapp drei Jahre als das, was man Profimusiker nennt. In dieser Zeit lernt man einiges über seine Stimme, wenn auch nur in Bezug auf Gesang. Ich bin in Sachen Audio, auf mich selbst bezogen, überaus kritisch und finde an allem noch etwas, was verbessert werden könnte. Was schon beinahe zwangsneurotisch anmutet. Uli Eisner, ein Toningenieur, schrieb mal den Satz
„Weder hat starkes (Band-)Rauschen einen Hit gemacht, noch verhindert.“
was ich mir immer wieder sagen muss, auch wenn hier auf ein technisches Phänomen Bezug genommen wurde.
Denn ich halte meine Stimme, obwohl es mir oft genug anders mitgeteilt wurde und wird, für unterdurchschnittlich. Ich rede zu schnell, weshalb ich Silben verschlucke. Meine Stimme klingt in meinen Ohren so, als würde ich durch einen Vorhang aus Sahne reden und dabei Kartoffeln in den Backen haben. Sie ist dumpf und wenig klar. Allerdings bin ich dialektal, was das Grobe angeht, wenig geprägt worden, wofür ich angesichts meiner Geburtsstadt Duisburg sehr dankbar bin. Ein „ch“ ist bei mir ein „ch“ und kein „sch“. Eine „Kirche“ ist bei mir eine „Kiirche“, was mir erstmals von der Frau, die in unserer Wohnung lebt, aufgezeigt wurde, die als gebürtige Neusserin ein „i“ ausspricht, das sich klanglich irgendwo zwischen „ö“ und „ü“ aufhält. Ein „r“ findet bei mir relativ selten statt, wenn ich mich nicht darauf konzentriere.
Aber das scheint keine Rolle zu spielen, weil ich wohl – von einigen zu starken Betonungen abgesehen – ganz passabel klinge. Wer sich davon überzeugen möchte, kann mich entweder buchen oder den bislang spärlich bestückten DampfPod aufsuchen, den ich in den kommenden Monaten nach und nach mit akustischem Leben füllen werde. Zum Radiosprecher wird es bei mir wohl nicht reichen, auch wenn mir die Komplimente in diese Richtung schmeicheln, aber immerhin spiele ich gerade mit dem Gedanken (der nicht mir, sondern Lesern kam), Beiträge mit Dialekt aufzunehmen. Ich spreche dummerweise keinen einzigen Dialekt in Perfektion, aber immerhin kann ich so tun als ob.
Diese eine Fähigkeit wurde auf meiner Seite unserer Abizeitung auch für die Nachwelt dokumentiert. Denn gleich nach „Wird mal Rockstar!“ hatte ein anderer Mitschüler geschrieben: „Kann fast jedes Geräusch nachmachen.“
Dem stimme ich zu. Denn neben dem Talent, Donald Duck zu imitieren, kann ich einen Mann nachahmen, in dessen Backen sich Kartoffeln befinden, während er durch einen Vorhang aus Sahne redet. Wahnsinn!
Dieser Beitrag auf dem DampfPod:
Alte Beiträge, die ich häppchenweise vertonen werde, findet ihr zukünftig auf Facebook verlinkt oder direkt im DampfPod auf soundcloud.com.
Seppo ist unbesiegbar!
Und dadurch, dass Seppo unbesiegbar ist, bist du es auch. Famos!
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Ein ewiges Monument antik-moderner Literatur!
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Vielleicht liest Herr Radio das Geschreibsel ja und bietet dir doch noch den Vertrag an. Sollte das der Fall sein, dann grüße ihn von mir und erwähne, dass ich schon immer mal ein Hörspiel vertonen wollte. Leider fehlen mir bis dato die entsprechenden Kontakte.
ach ja: ich selbst finde meine Stimme, denn ich sie von außerhalb höre, als blechern, scheppernd und hektisch – andere sehen das wohl auch anders, denn ich werde gerne als Anrufbeantworter-Nachrichtensprecherin „gebucht“, weil ich eine so angenehme und seriöse Stimme hätte. Leider unentgeltlich 😦
Über Geschmack lässt sich streiten…
Thematisch aus dem Zusammenhang gerissen, beschäftigt mich momentan die Frage, warum man sagt: mir schwant etwas…warum kormorant es mir nicht oder, was ich noch viel melodischer finde wiedehopft es nicht?
Fragen, die die Welt nicht braucht, aber dennoch verfilosofiert.
Es grüßt mal wieder
DieReiseEule
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War da nicht irgendwas mythologisches mit Schwanengesang, der vorhersagend war? Ich meine, mich da entfernt an etwas in der Art zu erinnern.
Und dann hat irgendein lustiger Hipster der damaligen Zeit bestimmt aus „mir ahnt etwas“ ein „mir schwant etwas“ gemacht und alle haben es nachgeplappert.
„Es wiedehopft mir“ hat aber auch was.
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Ja, doch, tolle Stimme, besser als meine aus dem RassettenCerorder … meine klingt doch irgendwie brutal, so gar nicht das Innenleben 😉 Nur die Sache mit der Hydra wollte sich mir nicht so recht erschließen. 😉 Ich Dummerle, ich.
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Vielen Dank. Die Hydra…keine Ahnung. Es ergab während des Schreibens absolut Sinn, der sich nun auch mir nicht mehr ganz erschließt. Gedankengänge sind manchmal schwer zu rekonstruieren.
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Ich hätte ja noch stundenlang weiterlesen können. Ob ich auch stundenlang zuhören mag, werde ich in Bälde ausprobieren, der Pod ruft.
Ach, à propos Pott.Mit großem Erstaunen habe ich gelesen, dass Eingeborene in Duisburg „sch“ anstatt „ch“ sagen. Echt jetzt? Finde ich sehr verwunderlich, da ich bis jetzt auf niemanden getroffen b in, der so etwas macht. Und wenn, kamen die meisten aus Mönchengladbach, Krefeld oder ähnlichen Steppen, für die das Rheinland als Ausrede herhalten muss. (Oder aber waren hintergründlich migriert. Dann hatte es aber nix mit Duisburch zu tun. Sach ich ma‘ so.)
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Stimmt. Das „sch“ ist eher rheinländisch. Wobei da noch zu unterscheiden ist zwischen dem weichen und harten „sch“. Rheinländisch ist weicher, der Jugendsoziolekt härter, weil weiter vorn gebildet.
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Wie schscht dann wohl der rheinländische Jugendsoziolekt? (Also südlich der „Uerdinger Linie“?)
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Sehr angenehme Stimme und wie mein Geschichtslehrer einmal meinte „Eine schöne Sprechstimme“. In meinem Kopf hattest du ja bisher ganz anders geklungen 🙂
Auf jeden Fall eine gute Idee der Dampfpod 🙂
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Vielen Dank. Im meinem Kopf klinge ich übrigens auch ganz anders. Männlicher, nicht so teigig. 😉
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Jetzt will ich es aber doch wissen! Wie hast du dir meine Stimme denn vorgestellt?
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Bei Vollbart-Trägern habe ich automatisch so eine tiefe, brummende Stimme im Ohr 😉 Von daher klingst du in realiter für mich auch jünger und auf jeden Fall sehr sympathisch (wie ein Radiosprecher, der noch gelernt hat zu reden und dem man daher gerne zuhört und bei dem man nicht anfängt, panisch am Sendeknopf zu drehen, weil Stimme und Sprache voll nerven) 🙂
Also sympathisch hatte ich aufgrund der Beiträge ja schon erhofft, aber die Stimme kann ja oftmals sehr überraschen
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Nervig kann ich auch. 🙂 Vielen Dank für die Komplimente.
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Oh, ein Tausendsassa 😉
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Auf jedem Fall ein Tausendsassa, schließlich kann er auch noch einen Mann nachahmen, in dessen Backen sich Kartoffeln befinden, während er durch einen Vorhang aus Sahne redet. Und das ist echtes Talent, weil er selbst ja nur wie ein Mann spricht, in dessen Backen sich Kartoffeln befinden, während er durch einen Vorhang aus Sahne redet. Wahnsinn! 😉
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[…] Dampfbloque: Sahnige Stimme und Kartoffeln in den Hamsterbacken […]
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