Wenn Blogger nicht mehr wissen, worüber sie schreiben sollen, schreiben sie übers Wetter. So ging es mir schon bei meinem ersten Beitrag auf dem Dampfbloque. Insbesondere in Zeiten des Sommerlochs ist das Wetter ein willkommener Prügelknabe. Übrigens lässt sich das Sommerloch bezüglich des Fernsehens vor allem daran ausmachen, dass entweder ein Frischling oder die zweite Garde vor die Kamera gelassen wird. Vermutlich auch hinter die Kamera. Auf jeden Fall fällt auf, dass im Sommer die Stimmen aus dem Off andere sind, die Nachrichtensprecher unbeholfener und das Wetter eine einzige Katastrophe.
„Ich fühle mich wie ein fetter Mann, der schwitzt.“, lasse ich die Frau, die in unserer Wohnung lebt, wissen.
„Ich fühle mich auch wie ein fetter Mann, der schwitzt.“, antwortet sie mir.
Damit ist wohl alles gesagt.
Im Sommer geht mancher Medienanstalt die kreative Puste aus, weil die Größen des Fernsehens Urlaub an Orten machen, von denen sie eigentlich immer ungebräunt zurückkehren. Mich fragt man nach einem Tag in der hiesigen Sonne, die im Grunde weltweit und vermutlich auch in diesem Sonnensystem ein und dieselbe ist, ob ich im Urlaub war. Das fragen mich Menschen, die mich am Vortag noch auf der Arbeit sahen. Ich bin übrigens nie wirklich in der Sonne. Das hält man nicht lang aus. Wie in einer Sauna soll es dort sein.
Wie in einer Sauna ist es derzeit auch in unserer Wohnung, was dem Umstand geschuldet ist, dass es draußen recht warm ist. Lange war es recht unwarm, was nicht unbedingt kalt bedeuten muss, aber kann. Den deutschen Sommer stellte man wie jedes Jahr eigentlich infrage. Vor wenigen Tagen klagte ich beim Einkaufen absichtlich laut, damit es umstehende Menschen mitbekamen, in Richtung der Frau, die in unserer Wohnung lebt, was denn das dieses Jahr für ein Herbst sei. Mein erwartungsvoller Blick erntete Missachtung und auch die übrigen Menschen im Laden straften mich mit Ignoranz. Die Menschen waren unzufrieden, weil der Sommer so scheiße ist. Nun sind die Menschen unzufrieden, weil der Sommer genau das ist, was man von ihm verlangt: die heiße Jahreszeit. Und obwohl jeder eigentlich weiß, wie ein Sommer zu sein hat, ist die Überraschung groß.
„Ach, das ist Sommer?! Nein, also das wusste ich nun wirklich nicht. Man sollte die Bevölkerung warnen.“
Und die Bevölkerung wird gewarnt. Mit denselben Beiträgen wie im Jahr zuvor. Allerdings muss ich zugeben, dass die Hitze auch mir ein wenig zu schaffen macht. In erster Linie durch das Vorhaben meiner Jeanshose, durch penetrantes Scheuern an der Innenseite meinen Oberschenkel zu durchtrennen. Trockener Jeansstoff und klamme Haut. Es dürfte ein ähnliches Gefühl sein wie Haut auf Hallenboden. Die Katze hat ihre eigene Strategie entwickelt, mit der Hitze klarzukommen. Sie robbt mit möglichst großer Auflagefläche übers sündhaft teure Buchsbaumparkett, weil es kühl ist. Währenddessen langweilt sie sich. Manchmal geht sie auf den Balkon und genießt so lange auf unserem Tisch die Sonne, bis ihr viel zu heiß ist. Den Zeitpunkt, wann es ihr zu heiß ist, müssen wir bestimmen, denn dieses dumme Tier ist nicht in der Lage, selbstständig zu entscheiden, wann es dem Hitzetod unangenehm nahe ist. Wenn wir sie nur noch unter der Gefahr schwerer Verbrennungen anfassen können, nehmen wir einen Stock und schieben die Katze mit ihm vom Tisch, von welchem sie in den rettenden Schatten stürzt. Dort langweilt sie sich weiter und wird immer flacher, um die Kühle der Bodenplatten aufzunehmen.
Derweil suchen wir in der Wohnung in regelmäßigen Abständen den immerselben Ort auf. Denn weil Thermik ein von Willkür geprägtes Phänomen ist, herrscht nur an einer Stelle unserer Wohnung Durchzug: im Türrahmen unserer Wohnzimmertür, die im Keller ihr schimmeliges Dasein fristet. Unser Wohnzimmer ist gewissermaßen gegenüber der Küche, was bedeutet, dass der Flur einen Korridor bildet, den Winde passieren müssen, um im Türrahmen für Erfrischung zu sorgen. Aber: An keiner anderen Stelle im Flur regt sich ein Lüftchen. Wir wissen nicht, wo der Wind herkommt. Kurioserweise weht er dort auch, wenn sämtliche Fenster verschlossen sind.
Dummerweise muss man als moderner Mensch seine Höhle gelegentlich verlassen. Und als Liebhaber nicht allzu weiter Kleidungsstücke komme ich nicht in den Genuss hautkühlender Winde zwischen Stoff und Haut. Also kleben Hemden oder T-Shirts recht früh am triefenden Rücken, was sich nicht nur unangenehm anfühlt, sondern auch bei bestimmten Farben penetrant sichtbar wird. Gestern entschied ich mich für ein hell-bis-dunkel-grünes T-Shirt. Die Farbe ist mir ein Rätsel, weil es kein reines Grün aber auch nicht Mint ist. Dass ich überhaupt derart kleinlich bei Farben differenziere, brachte mir vor einigen Wochen die Drohung vom Trauzeugen des Bräutigams, dessen Junggesellenabschied ich beiwohnen sollte, ein, dass ich bei noch so einer Frage („Gibt es eigentlich ein bestimmtes Grün, dass das T-Shirt haben sollte?“) bei den Frauen mitgehen müsse. Jedenfalls wird ebendieses T-Shirt bei Feuchtigkeit dunkel. Ein hellblaues Hemd, das ich immer häufiger trage, wird durchsichtig.
Das Problem am rückwärtigen Schweiß ist die Schwerkraft. Er sucht sich seinen Weg in südliche Gefilde. Das körpereigene Flusensieb des Mannes. Darüber sollte ich mal schreiben. Behaltet den Ausdruck im Hinterkopf, falls ich ihn vergessen sollte. Früher oder später landet so gut wie alles, was sich am Rücken eines Mannes befindet, zwischen dessen Beinen. Sofern er keinen Tanga oder eine Binde trägt, die die anfallende Flüssigkeit (die sich zum Kochen von Saucen eher weniger eignet) aufnehmen könnte.
(Die Frau, die in unserer Wohnung lebt, war und ist der Meinung, dass ich das „so doch nicht schreiben kann, weil es gleich doppelt ekelhaft“ sei. Die Leser würden nur diese Passage im Kopf behalten. Deshalb hier nun mein Appell an euch: Behaltet auch die übrigen Passagen im Kopf!)
Aus einem ähnlichen Grund waren die Frau, die in unserer Wohnung lebt, und ich neulich sehr dankbar, dass wir beim Besuch ebendieses Pärchens, das uns mutmaßlich gern in ihrem Keller zu luftgetrockneter Menschensalami verarbeitet hätte, unsere Schuhe anbehalten durften. Das dürfte wohl auch in deren ureigenstem Interesse gewesen sein, sofern sie diese Wohnung auch zukünftig weiter bewohnen wollen. Nach dem zehnstündigen Besuch kehrten wir um 5:30 Uhr nach Hause zurück. Was nächtliche Hitze und schlecht gelüftete Schuhe mit menschlichen Füßen anrichten können, sollte Grund genug sein, Schockbilder auf Schuhkartons einzuführen. Dummerweise kann man Gerüche schlecht fotografieren und abbilden, weshalb es beim Hörensagen bleiben muss: Sie beginnen zu duften.
Schuld ist diese verfluchte Sonne, die wir aus irgendeinem Grund verehren, während wir sie zeitgleich verfluchen. Andererseits ist es sehr nett von der Sonne, uns zu wärmen. So wird uns nicht kalt. Das merken wir im Winter, wenn die Sonne zwar nicht weg aber eben woanders ist. Aus unserem Standpunkt in Zentraleuropa nämlich weiter entfernt, weil die Erdachse eiert.
(Beim flüchtigen Korrekturlesen las ich „Eidechse“, deren Beteiligung an der winterlichen Kälte auf der nördlichen Erdhalbkugel ich nicht ungeprüft verneinen möchte. Vielleicht liegt es an eiernden Eidechsen, dass es im Winter hier schneit. Für irgendwas müssen die ja auf diesem Planeten sein.)
Bis zum Winter ist es noch ein wenig hin. Bis dahin werden die richtigen Moderatoren und Nachrichtensprecher ungebräunt aus ihrem Urlaub zurückgekehrt sein und von den Problemen, die uns diese gnadenlose Sonne bereitet hat, berichten. Es sind dieselben Probleme wie jedes Jahr. Inhaltlich folgt ein Sommerloch dem nächsten. Bis zum Herbst. Dann ist Herbstloch. Wie Sommerloch. Nur kälter. Auch blöd.
Wer sich abkühlen möchte, sollte Facebook aufsuchen. Die Farbe, die menschliche Kälte … frostig.
PS: Ich habe Yahoo durch meine Anmeldung bei Tumblr ruiniert.
Ich fand die Beschreibung eures Umgangs mit der Katze am witzigsten! Hab‘ sehr gelacht.
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Ich fürchte, sie würde ohne unsere Überwachung nach etwa einer Stunde des Sonnenbadens in Flammen aufgehen.
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Ja, Katzen sind manchmal merkwürdig. Unsere Katze wechselt ebenfalls vom Terrassentisch auf den Marmorfußboden, aber immerhin von selbst.
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Hunde können das auch – die rennen aber – zum Glück – immer von selbst, wie von der Tarantel, gestochen in den Schatten unterm Balkon – wenn sie sich im Garten gesonnt haben – mir als Wärmeverrächter ist dieses Verhalten gänzlich unverständlich …
Meine Muskelübungen sind durchaus anstrengend – aber nur im Sommer rinnt mir dabei der Schweiß gegen Ende in Strömen herab – so oder so heißt es mehrfach täglich duschen – von desastösten Laufen – welche stark anfangen dann aber ziemlich bald an Geschwindigkeit nachlassen ganz zu schweigen und ein Fleckvieh bin ich nach wie vor da ich Sonnenbäder oder Sonne im allgemeinen meide – Ich bleibe dabei von mir aus könnte schon Winter sein 🙂
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Wenn Reiseblogger nicht mehr wissen, was sie schreiben sollen, schreiben sie eine „ultimative Packsliste“ 🙂
Ich merke gerade, dass die mir noch fehlt 🙂
Es grüßt
DieReiseEule
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Sehr gut, ich schnuppere schon immer mal bei Facebook auf deine Seite, wobei schnuppern bei diesem Beitrag wohl eher ein falsches Wort ist…Das Problem mit den Schuhen kenne ich übrigens vom Männel – abe rich muss sadgen, seitdem der ordentliche Ledertreter trägt, hält sich das in Grenzen…was ich von meinen Ballerinas nicht behaupten kann…
Nun gut.
Ein schönes Wochenende 🙂
Elsa
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[…] Dampfbloque: Unwetterartiger Sonnenschein […]
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